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Großstadt ohne Seele

■ CDU: Kids in leblosen Neubaugebieten ghettoisiert – siehe Sandbek

„Erst baut man Häuser, und dann stellt man fest, daß es Jugendliche gibt“, charakterisierte der CDU-Abgeordnete Rolf Harlinghausen am Mittwoch abend in der Bürgerschaft das Hamburgische Stadtentwicklungskonzept. Seine kleine Anfrage an den Senat zum Thema „Berücksichtigung der Belange von Kindern und Jugendlichen bei der Planung von Neubaugebieten“ hatte durch die Vorfälle in Sandbek grausige Aktualität bekommen.

„Wir beobachten zunehmende Gewalt, ohne daß die Ursachen oberflächlich betrachtet augenfällig sind.“ Klar ist für Herlinghausen aber: „Bauliche Zurichtung beeinflußt auch das Sozialverhalten.“ In der Regel würde erst nach Protesten von Eltern und Kindern etwas getan. In sozialen Brennpunkten hätten Jugendhäuser am Wochenende geschlossen. „Es besteht die Gefahr, daß größere Ghettos entstehen – eine Großstadt ohne Seele.“

Überhaupt würden Interessen der Tiere – „der Wachtelkönig!“ – ernster genommen als die von Kindern und Jugendlichen, versuchte der CDUler abschließend Natur- gegen Kinderschutz auszuspielen. „Unsere Aufgabe ist es auch, eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten“, erinnerte GALierin Jutta Biallas. Kinder und Jugendliche müßten bei der Gestaltung ihrer Lebenswelt mitbestimmen dürfen.

Schöne Worte, befand Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD). Doch bei dem Tempo, in dem Neubauten gebraucht und gebaut würden, sei das nicht realisierbar. Und dann noch das Finanzproblem, das die CDU heuchlerisch außen vor lasse. „Wir können uns zusätzliche Einrichtungen einfach nicht mehr leisten“, machte Mirow klipp und klar. „Und daß die Planungen in Neugraben-Fischbek nichts mit den Vorgängen in Sandbek zu tun haben, wissen auch Sie ganz genau!“ Silke Mertins

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