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Village VoiceDooDeeDumDum etc.

■ Frohgemut voran: Auf ihrer neuen Platte, „Gift“, haben Peacock Palace dem Sommer mitten ins Maul geschaut

„Hippies, die Pop machen, muß man sich unbedingt angucken.“ So charakterisieren sich Peacock Palace im Infozettel für ihr neues Album, „Gift“. Etwas verdutzt schaut man da aus der Wäsche, ist doch der Hippie ungefähr das Abgeschaffteste, was man sich im Kontext von Pop vorstellen kann. Dabei kann man sich beim Hören der Musik von Peacock Palace auf Pop als gemeinsamen (und oberflächlichsten) Nenner durchaus einigen. Den machen sie seit 1991, seit ihrem ersten Album „Adding Wings“. Von diesem wurde mit „Like A Snake“ eine Single ausgekoppelt, welche die Band sogleich in Charts, Radios und ins MTV katapultierte – letzteres damals eine absolute Seltenheit.

„Like A Snake“ war ein luftig- leichter Pop-Song, der durch größtmögliche Einfachheit beeindruckte und von der starken und hellen Stimme von Sängerin Petra Jansen dominiert wurde. Ein Song, der so manches Herz im Sommer höher schlagen ließ, der Peacock Palace jedoch nicht unbedingt nur den reinen Segen bescherte: Es folgte rasch ein zweites, wie Petra Jansen meint: unfertiges, in aller Eile zusammengeschustertes Album, das zu produzieren der Band keinen Spaß bereitete. Und das, wie üblich nach einem mittelschweren Hit, die kommerziellen Erwartungen der großen Plattenfirma nicht erfüllte. Die alte Geschichte also.

Es gab dann eine längere Pause, die jedoch nicht der Therapie möglicher Depressionen galt, sondern in der sorgfältig und ohne Druck am neuen Album gearbeitet wurde. Wenn man sie mit einer anderen „deutschen Pop-Hoffnung“ vergleichen wollte, mit den Rainbirds, ließen sich manche Parallelen ziehen, was den Werdegang, das Auf, mehr noch das Ab und natürlich auch die Prominenz und Güte ihrer Sängerinnen betrifft.

Bei Peacock Palace jedoch gab es nie bandinterne Umbesetzungen, und, was wichtiger ist, sie versuchen sich mit ihrer zwangsläufig höheren Professionalität nicht in Großmuckertum oder bemüht „künstlerischen“ Spielereien. Auf „Gift“ haben sie sich die ihnen eigene Unbekümmertheit bewahrt und dem Sommer wieder mitten ins Maul geschaut.

Will auch heißen: Besonders viel Konzentration erfordern die neuen Songs wie üblich nicht. Bevorzugt werden Freude und Munterkeit ausgeschüttelt: „Mellowman“ ist da am flockigsten, in „Indian Summer“ wird zarte Wehmut angedeutet, am liebsten aber doch die Nacht durchgetanzt, und auch „DooDeeDumDum“ vermittelt durch Titel und Rhythmus, daß es frisch und frohen Mutes vorangehen soll. Selbst im Regen noch die Sonne sehen, so könnte man das auch nennen.

Nur selten macht sich Tiefgang bemerkbar, gibt es Zwischentöne, schimmern Soul und Gefühl durch: „In „Losing Someone“, dem ruhigsten Song auf der Platte, erfährt das Thema Verlust seine musikalische Umsetzung. Und in das Liebesliedchen „First Time“, das Petra Jansen im Duett mit Andrew Janken von den Pogues singt, legen Peacock Palace glaubhaft und gekonnt und wirklich schön einiges an Weite und Sehnsucht hinein. In seinen besten Momenten erinnert dieser Song an die Walkabouts, bloß daß der alte Recke Janken nicht ganz so viele Feinheiten aus seinen Stimmritzen herausholt wie Chris Eckman.

Ob „Gift“ nun mehr Folk oder mehr Pop ist oder gar „Urban Folk Pop“ (Info), bleibt jedenfalls Nebensache. Und um das Hippietum der Band probehalber wie einen Toten in einen schmucken gläsernen Kasten zu verweisen: Palaceheads und andere ewig grinsende Zaun- und Dauergäste wurden bei ihren Konzerten, Paul Thek sei Dank, noch nicht gesichtet. Gerrit Bartels

Peacock Palace: „Gift“ (Dragon Beat/Play It Again Sam)

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