: Steuervorteile für Rechtsextremisten
■ Braune Vereine sind in Hamburg gemeinnützig / Antifa-Demonstration gegen Hetendorfer Neonazi-Treff
Wenn die vielen Herren und wenigen Damen mit der braunen Gesinnung sich Mitte Juni zu ihrer alljährlichen „Tagungswoche“ im rechtsextremistischen Schulungszentrum „Hetendorf“ (Landkreis Celle) treffen, erwartet sie entschiedener Widerstand. Mit einer zweitägigen Blockade wollen AntifaschistInnen die Zusammenkunft mehrerer hundert Personen verhindern, die Hamburger Verfassungsschützern zufolge „das gesamte rechtsextremistische Spektrum“ repräsentieren. Einen Vorgeschmack auf die Proteste gegen das Neonazi-Treffen gibt es morgen in Hamburg: Mehrere Antifa-Organisationen rufen zur Demonstration gegen „die Hamburger Drahtzieher des faschistischen Zentrums in Hetendorf“ auf.
Denn in der Hansestadt sitzen gleich fünf der neun Vereine, die in den vergangenen Jahren zu den Tagungswochen aufriefen, an denen bis zu 300 TeilnehmerInnen aus dem rechten Spektrum teilnahmen. Darunter befindet sich auch die Hamburger „Heide Heim e.V“, Besitzerin des Hetendorf-Anwesens. „Die Geschicke des Hetendorf-Komplexes“, so heißt es im aktuellen Hamburger Verfassungsschutzbericht, „werden maßgeblich durch den Rechtsextremisten und Hamburger Anwalt Jürgen Rieger gestaltet“, der im Vorstand des „Heide-Heim“-Vereins sitzt.
Ein besonderer Skandal: Der Heide Heim e.V und andere Trägerorganisationen des Nazi-Treffs sind seit Jahren in Hamburg als gemeinnützig anerkannt. Obwohl das Innenministerium in Hannover laut niedersächsischem Verfassungsschutzbericht „bereits 1994 eine Überprüfung der Gemeinnützigkeit durch die Hamburger Finanzbehörde angeregt“ hatte, da diese bei „verfassungsfeindlichen Organisationen unzulässig“ sei, blieben die hanseatischen Behörden weitgehend untätig.
Die Innenbehörde übermittelte der Finanzbehörde erst 1995 – Monate nach dem Wink aus Niedersachsen – die ihr vorliegenden Erkenntnisse über die Vereine. Die aber weigert sich bis heute, sich zu der Gemeinnützigkeit zu äußern. Aufgrund des Steuergeheimnisses, so heißt es in einer Senatsantwort auf eine GAL-Anfrage zum Thema „steuerliche Begünstigung rechtsextremistischer Vereine“, könnten „Auskünfte über die steuerlichen Verhältnisse von Vereinen oder deren Überprüfung“ nicht erteilt werden. Die GAL-Abgeordnete Anna Bruns: „Die Finanzbehörde könnte und müßte den rechtsextremistischen Vereinen die Gemeinnützigkeit sofort entziehen“.
Marco Carini
Die Demonstration beginnt morgen um 12 Uhr am U-Bahnhof Eppendorfer Baum
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