: Rettungsversuche für Köln-Kalk
Selbst Exminister Wischnewski verhandelt über Arbeitsplätze bei Klöckner-Humboldt-Deutz. Genaue Verlustzahlen und der Anteil der Arbeiter hängen von saudi-arabischen Firmen ab ■ Von Reiner Metzger
Berlin (taz/AFP/rtr) – Köln- Kalk hält wieder einmal den Atem an. Die Bewohner dieses traditionellen Arbeiterviertels auf der „domlosen“ rechten Seite des Rheins mußten in den letzten Jahren einige große Firmenpleiten hinnehmen. Der Stadtteil zählt zu den 21 amtlichen „Armutsinseln“ in Nordrhein-Westfalen. Nun ist der größte verbleibende Betrieb in Gefahr, der Motoren- und Industrieanlagenbauer Klöckner-Humboldt-Deutz AG. Rund 3.800 Stellen hat KHD seit 1983 bereits abgebaut. Durch Bilanzfälschungen der Vorstandsmitglieder bei der Tochterfirma Humboldt Wedag ist der Gesamtkonzern nun kurz vor dem Konkurs, abgeblich wurden in den letzten Jahren bis zu 650 Millionen Mark Verlust versteckt, laut der Welt sogar 750 Millionen.
Sollte KHD zusammenbrechen, gingen allein in Köln rund 5.500 Arbeitsplätze verloren. Nicht nur die 40 bis 50 Gläubigerbanken, allen voran Hauptaktionär Deutsche Bank, verhandeln deshalb über Kredite in Höhe von angeblich 550 Millionen Mark. Das Land und die Stadt Köln wollen nach einem Bericht der Welt ebenfalls 100 Millionen Mark beisteuern – vor allem, indem sie KHD Grundstücke abkaufen. NRW hat zusätzlich Bürgschaften angeboten.
„Kokolores“ sei jedoch die Meldung, daß auch die Arbeitnehmer 100 Millionen Mark durch fünf Prozent Lohnverzicht und kostenlose Überstunden beisteuern wollen. Das zumindest sagte gestern Theo Röhrig der taz. „Unser Beitrag könnte sich zwar auf 50 bis 100 Millionen belaufen“, so der IG- Metall-Chef von Köln und Aufsichtsratsmitglied bei KHD, „aber darüber verhandeln wir erst, wenn konkrete Zahlen bekannt sind.“
Bis jetzt ist laut Röhrig nur sicher, daß die Vorstände der Humboldt Wedag 300 Millionen Mark schon aufgelaufener Verluste kaschiert haben. Diese Summe entspicht in etwa dem Grundkapital der Firma. Alle Verluste die darüber hinausführen, hätten ohne äußere Finanzspritzen den Konkurs zur Folge. Die 300 Millionen stammen aus Fehlkakulationen bei drei Zementwerken in Saudi-Arabien mit einem Auftragswert von 1,3 Milliarden Mark. Die Verträge mit den dortigen Investoren waren so schlecht abgefaßt, daß Humboldt Wedag ständig neue Leistungen ohne weitere Bezahlung erbringen mußte.
Aus den saudischen Zementwerken droht jedoch eine weitere Verlustquelle. 300 Millionen Mark Konventionalstrafe werden laut Focus fällig, wenn die Anlagen nicht in zwei Wochen fertiggestellt sind. Eines der Werke sei jedoch erst im nächsten Jahr soweit.
Um den saudischen Firmen den Ernst der Lage klarzumachen, soll jetzt sogar das dortige Königshaus eingeschaltet werden. Dazu wurde ein Krisenmanager mit alten und wohl sehr guten Kontakten bemüht: Laut Bild am Sonntag ist am Samstag Hans-Jürgen Wischnewski (SPD) nach Riad geflogen, um über eine Beteiligung an der Rettungsaktion des angeschlagenen Kölner KHD-Konzerns zu verhandeln. Die Aufgabe sei jedoch nicht leicht, da die Fabriken von Privatinvestoren bestellt worden seien, meinte Wischnewski. Der 73jährige war früher Aufsichtsratsmitglied von KHD und Staatsminster unter Helmut Schmidt. Er hat jedoch wenig Zeit: Am Mittwoch ist die entscheidende Sitzung der Banken. Bis dahin müssen alle Ergebnisse auf dem Tisch liegen.
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