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Klemann will 2 Milliarden Mark

■ Bausenator will mit Milliardenkrediten die fünf Entwicklungsgebiete retten. Jahrelange Verzögerungen

Alle reden vom Sparen, nur Bausenator Jürgen Klemann (CDU) nicht. In einem Bericht an das Abgeordnetenhaus fordert er nicht nur Milliardenbeträge für fünf Entwicklungsgebiete, sondern schlägt sogar vor, angesichts der dramatischen Haushaltssituation Kredite in Höhe von knapp 2 Milliarden Mark aufzunehmen. In dem über 100seitigen Bericht schreibt der Senator weiter, daß sich die Fertigstellung aller Entwicklungsgebiete bis ins Jahr 2010 verzögern wird.

Ursprünglich sollten die Wasserstadt Oberhavel sowie die Eldenaer Straße bis zum Jahr 2002 sowie Biesdorf Süd, die Rummelsburger Bucht und Johanisthal- Adlershof bis zum Jahr 2005 realisiert sein. Auf den insgesamt 870 Hektar sollten 31.000 Wohnungen sowie Büros und Gewerbe mit einer Nutzfläche von 4,4 Millionen Quadratmetern entstehen. Von den Baumaßnahmen, so die damalige Überzeugung des Senats, könnten 77.000 Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen werden. Nach den Berechnungen der Bauverwaltung fehlen für die Finanzierung der Projekte allerdings 1,95 Milliarden Mark. Bis Ende dieses Jahrzehnts sollen Investitionen für „zwingend erforderliche Infrastrukturmaßnahmen“ von knapp einer halben Milliarde Mark notwendig sein. Mehr als 300 Millionen Mark will Klemann über Kredite finanzieren. In seinem Bericht schlägt er ersatzweise drei weitere Möglichkeiten vor, bei denen Banken den gesamten Betrag finanzieren. Die Bauverwaltung hat die fünf Entwicklungsgebiete in 33 Teilgebiete untergliedert, von denen acht erst „nach dem Jahr 2006 entwicklelt werden“ sollen.

Im der gemeinsamen Sitzung der Abgeordnetenhausausschüsse für Bauen und Stadtentwicklung lehnte Klemann gestern Forderungen der SPD und der Oppositionsfraktionen ab, auf einzelne Entwicklungsgebiete ganz zu verzichten: „Wir sollten uns nicht wie Buchhalter verhalten.“ Mit der zeitlichen Streckung bis ins Jahr 2010 habe er bereits „ein Stückchen abgespeckt“.

Den Bericht hatten die Grünen angefordert. Die baupolitische Sprecherin Ida Schillen zeigte sich allerdings enttäuscht. Schließlich seien dem Parlament die Wirtschaftspläne der Entwicklungsträger vorenthalten worden. Auf die deutlichen Korrekturen nach unten bei den Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, Wohnungs- und Gewerbeflächenbedarf sowie die dramatische Finanzlage habe Bausenator Klemann unzureichend reagiert.

Der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rudolf Kujath, forderte gestern ebenfalls deutliche Prioritäten: „Wir können doch nicht immer wieder von einem Haushaltsjahr zum anderen die Entwicklungsgebiete in Frage stellen.“ Der Senat müsse endlich entscheiden, „welche Entwicklungsgebiete wir uns noch leisten können“.

Kujath verlangte, daß die Bauverwaltung „exakt durchforstet“, welche Grundstücke die Entwicklungsträger nun zu welchen Preisen erworben haben. Angesichts von Vermutungen, daß Aufkäufe allzu großzügig bezahlt wurden, schloß der Abgeordnete nicht aus, daß die Geschäftsführungen der Entwicklungsträger entmachtet werden könnten.

Harald Wolf von der PDS kritisierte, daß Klemann mit seinen Geldforderungen die Neuverschuldung Berlins über das von der Großen Koalition angekündigte Maß hinaus erhöhen wolle.

Mit den Entwicklungsgebieten will sich der Senat in der kommenden Woche und danach eine Sondersitzung des Hauptausschusses beschäftigen. Dirk Wildt

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