Der Kranich fliegt nach Süden

■ Lufthansa will so schnell wie möglich von Tegel nach Schönefeld. Großflughafen auch ohne zweite Startbahn

Die Lufthansa will, daß der Flughafen Tegel „so schnell wie möglich“ geschlossen wird. Die größte deutsche Fluglinie lehnt außerdem den Weiterbetrieb von Tegel als Regierungsflughafen vehement ab. „Wir sind strikt dagegen“, sagte Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber gestern. Die Fluggesellschaft befürchtet finanzielle Einbußen, falls der hauptstädtische Luftverkehr mittelfristig nicht auf dem zukünftigen Großflughafen Schönefeld gebündelt wird. Das aber könnte nach Unterlagen des Firmenkonsortiums, das Schönefeld ausbauen will, auch ohne den Bau der umstrittenen zweiten Startbahn geschehen.

Die Lufthansa wendet sich damit gegen den CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky. Der beharrt darauf, parallel zu Schönefeld einen Regierungsflughafen in Tegel zu erhalten. Die Rollfelder und Passagierhallen sollen „betriebsbereit“ bleiben, damit Kanzler Kohl und seine Gäste im Zentrum der Stadt landen können. „Außerdem muß man einen Ersatzflughafen haben, wenn Schönefeld wegen eines Unfalls gesperrt wird“, erklärte CDU-Fraktionssprecher Markus Kauffmann.

Seit der Entscheidung für Schönefeld als einzigen Airport der Region tobt ein Streit, wann Tegel und Tempelhof zu schließen seien. Hintergrund der Lufthansa-Überlegungen ist unter anderem die Vermutung, daß ein spezieller Regierungsflughafen niemals kostendeckend arbeiten würde. Das Land Berlin müßte viel Geld in die überflüssige Infrastruktur investieren. Um den Zuschußbedarf zu verringern, werde man irgendwann doch wieder andere Fluggesellschaften in Tegel zulassen. Das würde der Lufthansa in Schönefeld Kunden wegnehmen.

Landowsky macht sich nach wie vor für Tegel stark, obwohl der Senat am Mittwoch abend das endgültige Aus für Tegel und Tempelhof beschlossen hat. Tempelhof will man demnach abwickeln, wenn der Planfeststellungsbeschluß für den Ausbau Schönefelds steht. In Tegel soll Schluß sein nach der Eröffnung der zweiten Startbahn in Schönefeld. Eberhard Diepgen unterstrich nach der Senatssitzung, daß Überlegungen aus der CDU, Tegel teilweise geöffnet zu halten, jeder Grundlage entbehrten.

Trotzdem liefert der Senatsbeschluß eine mögliche Voraussetzung dafür, daß Tegel gegen den Widerstand der lärmgeplagten AnwohnerInnen noch lange angeflogen wird. Denn die Schließung hat man vom Bau der zweiten Startbahn in Schönefeld abhängig gemacht. Wird diese durch Gerichtsklagen von Bürgerinitiativen verhindert, bleibt Tegel offen. Das Firmenkonsortium, das Schönefeld ausbauen will, hat die Abwicklung von Tegel für das Jahr 2006 vorgesehen – unabhängig vom Bau weiterer Startbahnen. Denn die Kapazität der heutigen Rollfelder von Schönefeld reiche aus, um 16 Millionen Passagiere pro Jahr abzufertigen, heißt es in den Planungsunterlagen. 1995 flogen von allen drei Berliner Flughäfen aber nur elf Millionen Passagiere: Der gesamte Flugverkehr ließe sich bequem in Schönefeld konzentrieren. Hannes Koch