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■ Die SPD will Ostdeutschland eine zweite Chance gebenWestdeutscher Hohlkörper

Längst hat der Ost-West-Konflikt alle Parteien erfaßt. Die SPD bleibt davon nicht verschont, auch wenn sie versucht, den Streit im „Forum Ostdeutschland“ in geordnete Bahnen zu lenken. Mit ihrer Mischung aus Aufbegehren und Resignation, dem Lavieren zwischen innerparteilicher Loyalität und ostdeutscher Interessenvertretung, zwischen staatsmännischen Gesten und Populismus wird die SPD allerdings keinen Erfolg haben. Die Sozialdemokraten in den neuen Bundesländern sitzen in der Falle, aber nur ein Gastredner fand dazu in Leipzig deutliche Worte. Die SPD sei, so der Ostberliner Sozialwissenschaftler Rolf Reißig, ein „westdeutscher Hohlkörper in der ostdeutschen Gesellschaft“. Sie stehe vor der „historischen Alternative, zwischen PDS und CDU zerrieben zu werden oder sich an die Spitze einer ostdeutschen Reformkoalition zu stellen“.

Doch Stolpe, Thierse und die anderen hörten betreten weg. Keine vorsichtige Zustimmung, aber auch kein lautstarker Widerspruch waren zu vernehmen, statt dessen ratloses Schweigen. Mit abstrakten Debatten über die kulturelle Deutungsmacht oder mit Proseminaren über Arbeitsmarktstrategien gewinnt die SPD jedoch keine neuen Wähler. Davor steht die PDS, ihre Konkurrenz, die sich mehr und mehr zu einer ostdeutschen Volkspartei wandelt.

Dem Osten wollen die Sozialdemokraten eine zweite Chance geben, so erklärten sie wortreich, doch sie haben für die Wahlen 1998 keine Machtperspektive. Selbst der Stern Stolpes in Brandenburg sinkt seit der Niederlage bei der Fusionsabstimmung, und Höppners rot-grüne Minderheitsregierung wird allenthalben als Auslaufmodell gehandelt. Aus Angst darüber, die Debatte über eine Zusammenarbeit mit der PDS könnte die Parteibasis zerreißen und aus Rücksicht auf die teilweise antikommunistisch sozialisierten Wähler im Westen drücken sich die Sozialdemokraten daher um die Frage herum, wie und mit welchem Partner sie ihre hehren Ziele in Ostdeutschland verwirklichen wollen.

Der Osten mag seine zweite Chance bekommen, die SPD ist dabei, ihre zweite Chance zu verspielen. Sie droht im Osten auf Dauer zum Juniorpartner der CDU zu schrumpfen. Nur Harald Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern hat die Situation erkannt. Doch ihm klopfen Parteifreunde höchstens dann auf die Schulter, wenn niemand zuschaut. Christoph Seils

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