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Oscarreifer Filmriß: Das Schweigen der Bullen

■ Polizisten können sich an die Mißhandlung von Oliver Neß nicht erinnern

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Wie die drei berühmten Affen präsentierten sich gestern im Prozeß um die polizeiliche Mißhandlung des Journalisten Oliver Neß drei geladene Polizei-Zeugen. Keiner von ihnen wollte etwas von der amtlichen Körperverletzung des polizeikritischen Autors mitbekommen haben. Der heute 28jährige Journalist war auf der Gänsemarkt-Demonstration gegen den österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider am 30. Mai 1994 von mehreren Beamten überwältigt und dabei so hart angegangen worden, daß er einen Bänderriß davontrug.

Gar nichts gesehen hat etwa der Beamte Stefan St. Obwohl ihn Videoaufnahmen nur fünf Meter vom Tatort entfernt zeigen, habe er „von der Aktion nichts mitbekommen“. Überhaupt kann sich der Polizist während der Vernehmung zunächst gar nicht erinnern, „wann ich wo war“. Erst auf mehrfache Nachfrage kann sich Stefan St. zumindest entsinnen, Sekunden vor den Übergriffen gegen Neß eine Demonstrantin überwältigt und „zu Boden gebracht“ zu haben. Eine Personalienfeststellung sei nicht notwendig gewesen, denn: „Als ich auf ihr lag, zeigte die Frau sich einsichtig“.

Nichts gehört haben will Manfred C., damaliger Leiter des Einsatzzuges Mitte 2. Aufgrund des Demonstrationslärms sei es „nicht einmal möglich gewesen“ die ihm „unterstellten Beamten anzusprechen“. Obwohl Fotos auch ihn in unmittelbarer Nähe des Tatgeschehens zeigen, habe er „von der Neß-Situation nichts mitbekommen“. Nichts gesagt hat auf der Demonstration Manfred C.'s Stellvertreter Thorsten V., der unmittelbar vor der Prügel-Szene noch direkt neben Oliver Neß stand. Vor allem der ihm vom Opfer zugeschriebene Satz „Wir kennen uns ja“, der der Anklage als Indiz dient, daß die Prügel-Polizisten ganz gezielt Neß aufs Korn nahmen, sei nie über seine Lippen gekommen.

Obwohl er „direkt daneben gestanden“ habe, hätte er doch „nicht bewußt gesehen“, wie seine Kollegen über den Journalisten herfielen. Die reizende Erklärung des stellvertretenden Zugleiters für seine Erinnerungslücken: „Ich war zu vielen Reizen ausgesetzt.“

Der einzige Zeuge, der gestern vor dem Landgericht etwas zu sagen hatte, war Oliver Sch., ein Freund des Opfers. Er bestätigte, daß Neß unmittelbar vor dem Polizeiübergriff von einem Beamten, dessen Beschreibung auf Thorsten V. paßt, mit den Worten „'wir kennen uns ja' begrüßt“ worden sei. Anschließend hätte ihm ein Zivilbeamter unvermittelt „mit der Faust ins Gesicht geschlagen“.

Der „zu Boden gebrachte“ Neß habe anschließend „mehrfach einen Schlagstock in die Seite“ bekommen, seine Arme seien „auf dem Rücken total verdreht“ worden. Während ein Beamter auf „dem Opfers kniete und mit der Spitze seines Schlagstockes wiederholt auf dessen Brustkorb einschlug“, habe ein anderer Polizist den Fuß von Neß „brutal und ruckartig nach links und rechts gerissen“. Neß habe sich dabei während des gesamten Übergriffs „nicht gewehrt“. Marco Carini

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