: Getrennt auf gemeinsamer Demo
■ Erstmals gingen Studenten und Gewerkschafter gemeinsam gegen den Sozialabbau auf die Straße - und blieben doch getrennt. Nur wenige Schüler dabei. Ein tragfähiges Bündnis ist noch nicht in Sicht
„Getrennt marschieren, zusammen demonstrieren“ hätte das Motto der vierten Montagsdemonstration sein können. Zum ersten Mal gingen 5.000 StudentInnen und GewerkschafterInnen gemeinsam gegen „Bildungsklau und Sozialabbau“ auf die Straße. Trotzdem war es eher eine Two- In-One-Demo: Vorne marschierte die rebellische Jugend, hinten die wütenden Gewerkschafter.
Doch die Trennung ist nicht nur räumlicher Art. Auch die Protestformen unterscheiden sich. Fast jeder Gewerkschafter trägt ein Transparent oder eine Fahne, die Jungakademiker schieben eher ihr Fahrrad und üben sich im „Schreien gegen den Bildungsklau“.
Gemeinsame Ziele bedeuten noch lange nicht, daß sich daraus ein tragfähiges Bündnis entwickelt. „Unter den Kollegen sieht das so aus: Erst mal sind alle sauer. Dann schaut man sich um und guckt, mit wem kann man auf die Straße gehen? Und da sind dann die Studenten“, sagt Thomas König, organisiert in der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Deshalb gehe er mit den StudentInnen auf die Straße. Natürlich gebe es unterschiedliche Forderungen, wichtiger seien aber die Überschneidungen. Manche Angestellte hätten Kinder an den Unis und seien so indirekt auch von den Kürzungen betroffen, das gleiche gelte für StudentInnen mit Kindern in Kindergärten.
Nobert Buckewitz, von der Gewerkschaft Holz und Kunststoff, sieht das ähnlich. Man müsse sich zusammen mit den StudentInnen gegen den Sozialabbau wehren, solange noch Zeit sei. Die Demonstration sei nur der Auftakt, bei der DGB-Großdemonstration an diesem Samstag in Bonn werden sie den „hohen Herren“ zeigen, daß das Maß voll sei. Die Kürzungen im Bildungsbereich sind für Buckewitz Teil des gesamten Sozialabbaus, deshalb seien auch gemeinsame Interessen da. „Ein paar Demonstrationen reichen da nicht aus“, es gehe darum, französische Verhältnisse zu schaffen. „Im Zweifelsfalle Generalstreik, alle Räder müssen stillstehen!“ sagt Buckewitz.
Petra, Germanistikstudentin an der Freien Universität, findet es gut, daß die Gewerkschafter jetzt „auch da sind“, das sei ein Schritt in die richtige Richtung. Gegen den Sozialabbau müsse man gemeinsam vorgehen. Von der DGB- Großdemonstration in Bonn hat sie allerdings noch nichts gehört.
Für Anton, Architekturstudent an der Technischen Universität, ist das typisch: „Viele Studenten verstehen sich als Avantgarde des Protests. Wenn die Gewerkschaften zu ihren Demonstrationen kommen, ist es in Ordnung – zu den Gewerkschaftsveranstaltungen geht niemand. Ein tragfähiges Bündnis kann man so nicht aufbauen.“
Wie weit man davon noch entfernt ist, zeigte sich darin, daß wenige Schüler dem Demo-Aufruf der Schülervertretungen gefolgt waren. Deshalb blieb der Protestzug mit 5.000 TeilnehmerInnen weit hinter den erwarteten 10.000 zurück. Tobias Rapp
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen