Wasser marsch

■ Sturmflut in Hamburg: Land unter am Hafen / Tapfere Deiche und abgesoffene Autos Von Kai von Appen

„Die Deiche haben gehalten. Der Mann von der Baubehörde hat schon einen Freudentanz gemacht.“ Stoßseufzer einer Sprecherin des Zentralen Katastophenstabes der Innenbehörde gestern mittag. Am Morgen hatte es noch dramatisch ausgesehen: Sturmflut. Um 10.20 Uhr erreichten die Fluten mit 6,02 Metern über Normalnull ihren Höchststand. Weite Teile des Hamburger Hafen und des nördlichen Elbufers standen unter Wasser. Gegen Mittag bei ablaufendem Wasser dann Entwarnung.

Der Katastrophenstab hatte um 7.30 Uhr Alarm gegeben. Der Freihafen wurde für jeglichen Verkehr gesperrt. In der Nacht hatten heftige Orkanwinde bis Stärke 12 aus Nordwest das Elbwasser nicht ablaufen lassen, so daß bei einsetzender Flut der Pegel immer höher anstieg - dann trat das Wasser über die Ufer. An zehn Stellen waren Feuerwehrleute im Einsatz, um Autos vor den nahenden Fluten zu retten.

Doch in der Region Neumühlen kam die Hilfe zu spät. „Wir sind da selbst mit der Feuerwehr nicht mehr rechtzeitig rangekommen“, sagte ein Polizeibeamter beim Anblick der abgesoffenen Karossen. 80 Autos, so der Katastophenstab, habe es erwischt; die Wohnschiffe und das Augustinum waren durch die Wassermassen für mehrere Stunden von der Außenwelt abgeschnitten. Insgesamt 77mal rückten die 240 Feuerwehrleute sowie 15 Freiwillige Feuerwehren an diesem Sturmmorgen zu „wetterbedingten Einsätzen“ aus, bilanzierte Feuerwehrsprecher Gerd Bramkamp. Dazu gehörten auch umgestürzte Bäume und abgedeckte Dächer. Fünf Frauen, die von Windböen umgefegt worden waren, mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein Feuerwehrmann stürzte vom Rüstwagen und verletzte sich schwer, als er ein Schlauchboot flott machen wollte. Er kam mit dem Notarztwagen in die Klinik

Das Hauptaugenmerk des Katastrophenstabes richtete sich aber auf die Deiche. 1962 war bei der großen Sturmflut der Deich bei Wilhelmsburg gebrochen, die Fluten hatten den Stadtteil überschwemmt, viele Menschen starben. 430 Feuerwehrleute und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerk standen daher diesmal zur „Deichverteidigung“ in Bereitschaft.

Doch außer ein paar geringfügigen „Durchfeuchtungen“ hielten die Deiche der zweithöchsten Sturmflut in der Geschichte Hamburgs stand. Für den gestrigen späten Abend (23 Uhr) sagte das Deutsche Hydrographische Institut nur noch eine leichte Flut mit einem Pegel von vier Metern über normal voraus.