Der Voyeur kommt auf seine Kosten

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Phallus und jenseits: Die New Yorkerin Aura Rosenberg hat ein Buch mit Fotos von Männern beim Orgasmus gemacht

Sechzig schwarzweiß fotografierte Männerköpfe mit eigentümlicher Mimik. Es sind Szenen rund um den Orgasmus. Den Phallus sieht man nicht, er funktioniert sowieso am besten als Mythos von Einmaligkeit. Was bleibt, wenn die geschlechtliche Erregung des Mannes versechzigfacht wird? Soziologie? Kunst?

Die Fotografien im Buch der New Yorker Künstlerin Aura Rosenberg zeigen einen Moment, in dem sich die Züge der Männer verwischen, etwas Generelles zutage tritt. Dennoch kommt der Voyeur, zumal der Berliner, auf seine Kosten, schließlich schmückt sich der Kurator Frank Wagner mit einem T-Shirt von Barbara Kruger – „our body is a battlefield“; und der Galerist Bruno Brunnet tut es vor einem Gemälde. Posen vor der Kamera, während scheinbar das Privateste preisgegeben wird. Aber gibt es Geschlechtlichkeit ohne Posen? Der gespielte Orgasmus von Frauen ist zu einem Stereotyp geworden. Der Blick der Männer – auch der Linsenblick der Foto- und Filmkameras ist voller Erwartungen – zwingt ihnen ein bestimmtes Verhalten auf. Was aber ist nun von den geschlossenen Lidern, verdrehten Augen, weit aufgerissenen Mündern der Männer abzulesen? „Head Shots“ ist eher eine Dokumentation als ein Fotobuch. Zwölf Frauen haben Männer fotografiert – währenddessen und danach. Das Gesicht als Schauspiel: Fratzen, Totenmasken, Knaben und Schlafende. Nichts davon ist echter als das andere.

„It's not always so easy to be photographed“, dankt Rosenberg ihren Models und den Frauen, die die Kamera bedient haben. Leichtigkeit sagt nichts über die Wahrheit von Fotografie. Die liegt nicht in den Bildern, sondern in der Art, wie sie gelesen werden. Claudia Büttner/Martin Zeyn

„Head Shots“ von Aura Rosenberg mit Texten von Lynne Tillmann, Gary Indiana, John Miller. Stop Over Press, Reykjavik/New York 1995