: Tauziehen um Denkmal für 17.Juni
■ Veteranen für Denkmal am ehemaligen Haus der Ministerien. Senat will die Stalinallee
Pünktlich zur 43. Jahrestag der Aufstände in Ost-Berlin fordern die „Kämpfer des 17. Juni“ erneut vehement eine passende Gedenkstätte. Bereits vor drei Jahren hatte das Abgeordnetenhaus die Errichtung eines Denkmals beschlossen. Doch die Verwaltung ist „zäh, dickflüssig und unbelehrbar“, schimpft Werner Herbig, Vorsitzender des „Arbeitskreises 17. Juni 1953“, in dem sich die Veteranen zusammengeschlossen haben. Bis heute gibt es nur eine im Auftrag der Bauverwaltung erstellte Broschüre, die die „Grundlage für die Würdigung der Opfer des Arbeiteraufstands“ bilden soll. Eine provisorische Fotoausstellung muß wegen Sanierung des Gebäudes wieder abgebaut werden.
In der Broschüre der Bauverwaltung wird für ein Denkmal am Ausgangspunkt des Aufstandes plädiert: An der ehemaligen Stalinallee, heute Karl-Marx-Allee, in Friedrichshain. Dort tätige Bauarbeiter protestierten am 16. Juni 1953 zuerst gegen eine von der DDR-Regierung festgesetzte Normenerhöhung.
Die alten Kämpfer befürchten jedoch, daß durch diesen Standort ihre Proteste auf einen reinen Arbeiteraufstand reduziert würden. Sie wollen statt dessen ein Denkmal im Innenhof des ehemaligen Haus der Ministerien an der Leipziger Straße. Dorthin waren die Arbeiter unter zunehmender Beteiligung der Bevölkerung gezogen, um ein Gespräch mit Walter Ulbricht oder Otto Grotewohl zu verlangen. Als sich die Regierenden auch nach einem dreistündigen Sitzstreik der Demonstranten nicht sehen ließen, rief der damals 23jährige Fliesenleger Alfred Brun zum Generalstreik auf.
„Freie Wahlen, die Freilassung der politischen Gefangenen, diese Forderungen entstanden erst im Innenhof. Dort wurden wir zu anderen Menschen“, beschrieb Brun die Politisierung der Proteste. Am 17. Juni zogen die Demonstranten erneut vom Straußberger Platz in Friedrichshain zum Haus der Ministerien, bevor die Aufstände durch sowjetische Panzer niedergeschlagen wurden.
Die Veteranen verlangen nun ein Mitentscheidungsrecht bei der Konzeption des Denkmals. Die zuständige Mitarbeiterin der Bauverwaltung, Josephin Jahnke, wies die Vorwürfe jedoch zurück. Zwei Beteiligte seien vor Erstellung der Broschüre gehört worden. Zudem sei noch keine Entscheidung über den Standort des Denkmals getroffen worden. Im September sollen die Augenzeugen, Historiker und 90 Künstler zu einem Symposion gelanden werden. Wann die Gedenkstätte errichtet wird, ist wegen der ungeklärten Finanzierung noch offen. „Von 1.800 im Arbeitskreis organisierten Kämpfern leben nur noch 100“, mahnt der heute 78jährige Werner Herbig. „Wenn ich tot bin, nützt mir ein Denkmal nichts mehr.“ Gereon Asmuth
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen