: Unterm Strich
War Sultan Murad IV. wirklich bi? In der Türkei streiten sich Islamisten und westlich orientierte Türken um den Film „Istanbul unter meinen Flügeln“. Erzählt wird die Geschichte von Hazerfan Ahmet Celebi, einem Forscher aus dem 17. Jahrhundert und Protegé des gefürchteten Sultans. Im Film sieht man diesen in Gesellschaft eines jungen Mannes, dessen Kopf er in einigen Szenen tätschelt. Dann wieder amüsiert er sich mit Haremsdamen im Bett. Vertreter der islamistischen Wohlfahrtspartei sind empört darüber, daß ein Film, der mit staatlichen Geldern gedreht wurde, die türkische Geschichte in den Schmutz ziehe. Kultusminister Guner will die noch unter der früheren sozialdemokratischen Regierung bewilligten Gelder zurückfordern. In der Stadt Kayseri wurde der Film bereits verboten. Historiker protestierten: „Homosexualität war in der türkischen Geschichte weit verbreitet“, schrieb Erdal Yavuz, Professor an der TU in Ankara. Sultan Murad IV. ist vor allem für seine Maßnahmen gegen Alkoholkonsum bekannt. Nach einer Razzia in Istanbuler Kneipen ließ er Hunderte von Menschen hängen. Er selbst starb mit 27 an Leberzirrhose.
Beatles-Produzent George Martin (72) wird von der englischen Königin in den Adelsstand erhoben. Paul, George und Ringo sind „hocherfreut über die fantastische Entscheidung“. Ebenfalls geehrt werden u.a. Van Morrison und die Autorin Ruth Rendell. Von Exklusivität ist aber keine Spur: 1.000 weitere Briten stehen auf der Liste der zu Ehrenden. Demokratisches Element im Belobigungswesen: 40 Prozent der Nominierungen (so auch die von Van Morrison) gehen auf Vorschläge „einfacher Bürger“ zurück.
Die Malerin Marie-Louise von Motesiczky, Schülerin von Beckmann und Kokoschka und langjährige Freundin von Elias Canetti, starb am Montag in London. Ihre Werke hängen unter anderem in der Tate Gallery und im Amsterdamer Stedelijk Museum.
„Toy Story“, der erste vollständig per Computer hergestellte Spielfilm, erhält die mit 43.000 Mark dotierte „Goldene Nica“ für Computeranimation. Der Preis wird vom österreichischen Festival Ars Electronica verliehen. Eine weitere Nica geht an den Kanadier Robert Normandeau für seine Komposition „Le renard et la rose“ (nach Saint-Exupéry). In den Bereichen Interaktive Kunst und Internet werden Masaki Fujihata und die Gruppe „etoy“ ausgezeichnet.
Am Samstag berichteten wir von der Debatte um das Für und Wider von Subwoofer-Satelliten-Systemen im Wohnfeld, die von der Zeitschrift Stereoplay losgetreten wurde. Das Konkurrenzblatt Audio weist in seiner neuesten Ausgabe auf einen anderen Aspekt in der Boxenfrage: die Vorführbedingungen in „sogenannten Fachmärkten“: „Die verbreitete Ignoranz erlaubt bei der Hörprobe vielfach bestenfalls die Wahl zwischen ,Kuschelrock‘ und ,Klassik fürs Herz‘.“
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