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Gütigen Gottesmanns Gewerbe

■ Katholische Kirche will in Altona MieterInnen auf die Straße setzen, um mit teuren Gewerberäumen ordentlich Geld zu machen Von Marco Carini

Jacques Lechevallier muß raus. Nur durch ein aufwendiges Gerichtsverfahren hat der 45jährige Kunstmaler verhindern können, daß er überhaupt noch in seinem Wohn-Atelier in Altona ist. Denn die Katholische Pfarrgemeinde St. Joseph in St. Pauli setzt ihn und vier weitere BewohnerInnen der Holländischen Reihe 31a per Räumungsklage auf die Straße.

Der aus Frankreich stammende Katholik sieht sich durch seine Kirche nun „um die Existenz gebracht“. In Hamburg gebe es kaum „bezahlbare Wohnungen und noch weniger Ateliers“, klagt Lechevallier, „da habe ich keine Chance, eine neue Bleibe zu finden“. Dennoch pocht der Kirchenvorstand um Pastor Leo Kreiß auf das, was er für sein Recht hält.

Denn das Haus gilt offiziell als Gewerbefläche, die BewohnerInnen haben lediglich Gewerbemietverträge, da das Gebäude den strengen Anforderungen des Baugesetzes für Wohnflächen nicht entspricht.

Nachdem Ende 1982 eine Modelltischlerei aus dem dreistöckigen Hinterhaus ausgezogen war, vermietete die Gemeinde die Räume zum Januar 1983 als „Ateliers“. Jacques Lechevallier, schon damals unter den Mietern, erinnert sich: „Unsere Bedingung war damals, daß wir in dem Gebäude auch wohnen können.“ Denn da die Gemeinde beim Einzug der neuen BewohnerInnen die Miete verdoppelte, hätten sich die KünstlerInnen die Räumlichkeiten „zur reinen Atelier-Nutzung überhaupt nicht leisten“ können. Die Gemeinde gab ihren Segen zu der Kombi-Nutzung – 13 Jahre lang dienten die 500 Quadratmeter als Wohn- und Gewerbefläche zugleich.

Doch da diese Nutzung zwar toleriert wurde, aber nirgendwo schriftlich fixiert ist, mußten die klagebedrohten MieterInnen vor dem Hamburger Amtsgericht jetzt einem „Vergleich“ zustimmen, nach dem sie spätestens Mitte kommenden Jahres ausziehen müssen. Denn die Gemeinde des heiligen Joseph will das Backsteingemäuer für eine halbe Million Mark renovieren und als reine Gewerbefläche für ein Mehrfaches des jetzigen Mietzinses vermieten. „Wir werden dann“, kündigt Pastor Kreiß an, „eine ortsübliche Miete verlangen.“

Dabei kassiert seine Gemeinde schon jetzt knapp 2.600 Mark Netto-Kaltmiete pro Monat für das Altonaer Haus, daß ihr einst vererbt worden war – kein schlechter Kurs für eine stark sanierungsbedürftige Gewerbebrache, die nur durch intensive Renovierungsarbeiten der bisherigen MieterInnen vor dem Abbruch bewahrt werden konnte. Doch Pastor Kreiß ist dieser Gotteslohn zu gering.

Als der Zehnjahres-Mietvertrag 1993 auslief, versuchten die BewohnerInnen mehrfach, mit dem Oberhirten über eine Verlängerung zu sprechen. Doch der Kirchenmann ließ alle Verabredungen kurzfristig platzen.

Statt dessen flatterte den BewohnerInnen am Jahresende 1994 eine von Kreiß unterzeichnete Kündigung ohne jede Begründung zur Jahresmitte 1995 ins Haus. Zwar wurde die Bleibefrist zwischenzeitlich noch einmal um drei Monate verlängert, gleichzeitig aber eine Räumungsklage gegen die auszugsunwilligen MieterInnen eingereicht, die jetzt per Vergleich entschieden wurde.

Gottesmann Leo Kreiß verweist hingegen darauf, daß er sich „ohne Not auf den Vergleich eingelassen habe“, der den MieterInnen eine einjährige Gnadenfrist beschert. Kreiß über Kreiß: „Gütiger kann man nicht sein.“

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