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Fernseh-update

■ Literarisches Quartett total: Bill Gates startet "Book-Net"

New York (taz) – Microsoft- Gründer Bill Gates entdeckt seine Liebe zu einem uralten Medium: Am 15. Juli startet in den USA sein Literatursender „Book-Net“. Keine Microchips, keine CD- Roms – nein, ausgerechnet Bücher will der Computer-Multi den amerikanischen ZuschauerInnen schmackhaft machen. Und das mit allen Mitteln: Kein literarisches Quartett im Vier-Wochen-Takt, statt dessen hagelt es bei „Book- Net“ Lesungen around the clock und Insider-Geschichten aus der Verlagswelt. Damit die Sendestunden vergehen, gibt's obendrauf Autoreninterviews, Buchbesprechungen und Schnäppchenhinweise, welche Bücher wo am günstigsten zu kriegen sind. Doch Mr. Microsoft wäre wohl nicht er selbst, hätte er nicht einige Ösen auf die Bildschirmoberfläche montiert: Per Hotline kann man sämtliche Neuerscheinungen bestellen; und wer die 1-800-Nummer wählt und seinen Kreditkarten-Code nennt, kriegt den besprochenen Band schon am nächsten Tag auf die Couch geliefert.

Einmal vom TV angefixt, will Gates auch der Nachrichtensender-Mutti CNN Konkurrenz machen (taz vom 26. Juni). Dafür gründete er eigens gemeinsam mit NBC den Nachrichtensender MSNBC, der ebenfalls ab Mitte Juli zu empfangen sein wird. Gates' Doppelschlag ist nur die Vorhut für eine ganze Palette neuer Spartenprogramme, die den amerikanischen heavy viewern ins Haus stehen und schon mal einen Vorgeschmack auf das deutsche Digital-TV á la Kirch und Bertelsmann geben.

Nachdem in den letzten Jahren in den USA Kabelstau herrschte, geht's in nächster Zeit im Vollgehirnwaschgang Richtung Prognose aus den Achtzigern. Damals, als die USA flächendeckend verkabelt wurden, schwadronierten einige Experten von einem halben Tausender neuer Sender. Reichlich hochgegriffen, bisher können mäßige 80 Kanäle angezappt werden. Und von den 133 im letzten Jahr geplanten Networks gingen gerade mal acht auf Sendung – für den Rest fehlte schlichtweg die Frequenz. Dabei hatten einige angepeilte Neugründungen so wunderbar vielversprechende Namen wie „Senior Channel“, „Beauty & Fashion“ oder „Good Health“. Doch die sind alle schon wieder kaputt.

In diesem Jahr soll nun endlich einigen Programmen aus der hochdifferenzierten Welt der Spartenkanäle der Weg ins Kabelnetz geebnet werden. Dabei sind Lifestyle und Gesundheit die beliebtesten Themen. Abfilmen kann man schließlich alles: Schminke und Pickel im Kosmetik-Kanal, einsame Amis für das „Love Network“ und den „Single“-Sender. Neben dieser nicht wirklich wichtigen TV-Kost sind auch zwölf ambitionierte Kulturprogramme geplant. Unter anderem Bills „Book- Net“ und für die jung gebliebenen „HipHop-TV“ und „World Jazz“.

Wer Gutes tun und trotzdem fernsehen will, kann „Benefit Network“ einschalten und nebenbei das ein oder andere Spendenformular ausfüllen. Richtig ernst wird es bei „News 12 Bronx“, das erste und bisher einzige Medium, das von den sozialen Brennpunkten New Yorks berichtet. Auf der anderen Seite der Gesellschaft will CNN alle umfangreicheren Wirtschaftsnachrichten im „Business Channell“ bündeln, um an vergangene Erfolge anzuknüpfen.

Für Pferdenarren überträgt „Premier Horse Network“ ab Herbst spannende Derbys und wirbt im voraus mit dem Service, daß ZuschauerInnen telefonisch Wetten abschließen können. Zum mitreiten kann man auch gleich Sattel, Zaumzeug und den dazu passenden Araberhengst bestellen. Wer andere Tiere spannender findet, kann sich ab Juli bei „Animal Planet“ 24 Stunden an Hunde- und Katzenaufnahmen weiden. Schöne neue Fernsehwelt. Wulf Schmiese

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