: Unterm Strich
Wochenend und Wolkenbruch über Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und dem Rest der Wetterkarte. Am Samstag wurde die bis September laufende Rostocker Ostsee-Biennale bei Nieselregen in einem fußkalten Bierzelt eröffnet. Eine Düsseldorfer Alt-Punkband sang von Tauben oder Frauenfußball, und die Arbeiten der 31 KünstlerInnen aus den Anrainerstaaten um die Ostsee wirkten mittelprächtig. Thomas Bernstein ließ rosa Polystyrolstöckchen wie Flamingos im Teich des Stadtparks aufstellen; Anders Wydoff hat in der Kunsthalle mit seinen Kindern eine Museumswand bemalt; von Vadim Sacharow gibt es einen auf Spiegel geklebten Hitler-Schnauzbart, mit dem Menschen sich als Führer simulieren können; und ein anderer Exsowjet hat agitpropmäßig konzeptuell das Schriftbanner „Neue Entartete Kunst“ an die Außenwand hängen lassen. Zart und sanft dagegen wirken Wolfgang Müllers Mitbringsel aus Island, etwa sein Bernsteinkollier, der Sandkasten für Elfen in der Größe eines Hamsterkäfigs oder das Foto von zwei PKWs beim Cruising in einem kleinen Waldstück nahe Reykjavik. Und e. (Twin) Gabriel hat ein unruhiges Video namens „Falten und Fallen“ installiert: Ein Geschirrtuch fällt beim Schleudergang von einer Waschmaschine und wird dabei am Einstellknopf für die Temperatur zusammengefaltet.
Schlimmer noch als aufs Gemüt hat der Regen in Berlin eingeschlagen. Die kulturhistorische Jubiläumsausstellung „Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen“ in Berlins Akademie der Künste mußte am Samstag nach einem Riesenschauer geschlossen werden. Wassermassen waren in die Ausstellungsräume mit wertvollen Gemälden, Skulpturen und Dokumenten aus 300 Jahren Akademiegeschichte – Leihgaben aus dem In- und Ausland – eingedrungen. In fieberhafter Eile wurden die Ausstellungsobjekte in einen nicht betroffenen Saal geschafft. Nach ersten Feststellungen gab es keine größeren Schäden an den Kunstwerken, betonte Präsidialsekretär Hans-Gerhard Hannesen. Durch den eingedrungenen Regen hat sich über Nacht auch das Parkett angehoben, was den Saal für einige Zeit unbrauchbar machen dürfte. Größerer Schaden konnte durch die Geistesgegenwart von Ausstellungsbesuchern vermieden werden, die sofort selbst Hand anlegten, als das Wasser plötzlich die Wände herunterlief.
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