Die Computer-Sternschnuppe verglüht

Nach einer schnellen Expansion und trotz bekannter Großaktionäre: Escom meldet wegen überraschend hoher Verluste Vergleich an, fast die Hälfte der Stellen soll wegfallen  ■ Aus Berlin Reiner Metzger

Europas zweitgrößter Computerhändler hat kurz vor der Pleite die Notbremse gezogen: Die Escom-Gruppe hat Vergleich angemeldet. Bei den „Abschlußarbeiten am Jahresbericht 1995“, so der Escom-Vorstand, hätte sich ein Verlust von etwa 180 Millionen Mark ergeben. Und für die ersten sechs Monate dieses Jahres zeige „der bisherige Verlauf ebenfalls deutliche Verluste auf“. Zur Unternehmenssanierung wollen die Escom-Manager europaweit 1.900 der 4.400 Stellen streichen.

Schon früher hatte Escom für 1995 ein Minus angekündigt, die Schätzung lag aber bei 125 Millionen Mark. Bisher hatten die Großaktionäre – Quelle mit 25 Prozent der Aktien, Siemens-Nixdorf (12,5 Prozent) und die Bayerische Vereinsbank (16 Prozent) – im Notfall stets Kapital zugeschossen. Nun war ihre Geduld anscheinend zu Ende, wie der Escom-Vorstand gestern durchblicken ließ.

Mit dem Vergleich wird der Konkurs und damit die Verteilung der noch vorhandenen Werte unter die Gläubiger erst einmal verhindert. Das Unternehmen muß seinen Gläubigern – Lieferanten und vor allem der Hauptkreditgeber Commerzbank – aber eine bestimmte Mindestquote für die Begleichung der Schulden zusichern. Bei einer Rückzahlung innerhalb eines Jahres liegt die Quote bei 35 Prozent. Klappt das nicht, folgt der Anschlußkonkurs.

Escom war eine der Sternschnuppen am expandierenden Computermarkt der achtziger Jahre. 1986 vom Darmstädter Musikinstrumentenhändler Manfred Schmitt gegründet, stieg der Umsatz rasant und lag im letzten Jahr bei 2,35 Milliarden Mark. Das Konzept: Personalcomputer selbst herstellen und in eigenen Läden billig verkaufen. Doch die Profite konnten die teure Expansion kaum finanzieren. Als die US- Konzerne IBM und Compaq der Branche seit den neunziger Jahren einen mörderischen Preiskampf aufzwangen, rutschte das Unternehmen in die Miesen. Finanzkräftige Großaktionäre stiegen ein.

Endgültig verkalkuliert hatte sich das Unternehmen mit derzeit über 450 Filialen in Europa wohl im letzten Jahr: Computerteile in großer Zahl wurden eingekauft, ließen sich aber nur schleppend verkaufen, weil der Umsatz weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Angesichts der Verluste stieg Gründer Schmitt aus der Geschäftsleitung aus, hält aber noch zirka 23 Prozent der Aktien. Wenn der Konkurs kommt, ist das gut für den ewigen Konkurrenten Vobis, Branchenprimus und finanzkräftige Tochter des Kaufhof-Metro- Konzerns: Dann fällt nicht nur ein Konkurrent vom Markt, es werden wohl auch günstig neue Filialen zu kaufen sein.