: Verletzte Surferehre
■ Wie sich junge Bremer für die ARD-Surferserie „Gegen den Wind“ qualifizieren
Was die ARD-Abendserie für junggebliebene Fernsehsurfer „Gegen den Wind“ mit den olympischen Sommerspielen in Atlanta zu tun hat, wir können es nur ahnen: Da sind die richtigen Kerle gefragt, mit Muskeln und 'ner Menge Kampfesgeist im stählernen Bauch. Auf dem Bremer Hauptbahnhof jedenfalls stolzierte Serienstar Hardy Krüger Junior mächtig durchtrainiert durch die Menge. Mit dem Olympiaexpress der ARD kam der blonde TV-Surfer gestern auf dem Bremer Hauptbahnhof an, um Nachwuchs für die neue Surfstaffel zu „casten“.
Den fünf auserwählten jungen Bremern, die unter Lampenfieber-Attacken vor sich hinschlotterten, verriet er: „Auch ich habe so angefangen wie Ihr.“ Wie tröstlich!
Statt sportlich „gegen den Wind“ auf imaginären Wellen zu reiten, gab Casting-Opfer Nr. 1 wohl eher einen ernsthaften Monolog „gegen Ausländerfeindlichkeit“ zum Besten: Mit finsterem Blick zitierte er grollend das Ein-Mann-Stück eines arabischen Rosenverkäufers „Dreck“ von Rolf Schneider. Hardy machte gute Miene zum bösen Spiel und gab sein honigsüßestes Lächeln von Bühnenrand aus zum Besten, klopfte dem 23jährigen Ranko kollegial auf die Schulter: „Toll gemacht“. Ranko seinerseits konnte sich über soviel schauspielerische Ehre wenig freuen: „Das sagt der eh jedem“. Aber egal, eigentlich wollte der gebürtige Jugoslawe sowieso nur ein bißchen trocken-üben, für die erste Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule: „Die Surf-Serie ist mir eh schnurz. Die Pinneberger sind mir viel zu cool.“
Schade eigentlich, hätte Ranko doch so manches nette Girlie in der vor allem im Hamburger Vorort Pinneberg gedrehten Abend-Schnulze abgreifen können. Daraus wird vorerst nichts.
Mirko hingegen scheint darauf mächtig scharf zu sein. Frisch aus Hamburg dem bunten Olympia-Express der ARD hinterhergereist, stieg er vom Zug direkt in seine mongolische grüne Kutte und dann auf die Bühne. Jetzt mußte es einfach klappen, denn der 22jährige Mirko war beim ersten Casting-Anlauf schlichtweg durchgeknallt. Vielleicht lag es an seiner Show, die er auch heute in Bremen vor Hardys kritischem Blick zum Besten gab. Denn wie ein Mongole übers Surfen philosophiert, scheint den soften Jungstar kaum zu interessieren. Schließlich nahm Mirko die stolze Surferseele mächtig aufs Korn: Schnell aus der Kutte geschlüpft, darunter kam dann ein knackiger Surfanzug zum Vorschein. „Und wenn dann die Welle kommt, dann weißt Du, daß sich all der Scheiß in deinem Leben gelohnt hat“, beschließt Mirko den letzten Akt.
Da hatte er gut zugehört, denn Hardy schwärmte noch kurz vor dem Casting von den „tollen letzten Dreherfahrungen auf Hawai“; denn da habe er „die Seele des Surfens“ erst richtig spüren können. Tja Mirko, leider Pech gehabt.
Die 15jährige Kerstin nahm dann aber all ihren Mut zusammen und setzte auf Sexappeal. Zu Tina Turners James-Bond-Titelsong „Golden Eye“ zeigte sie dann, was in ihr steckt, ein kecker Seitenblick zu Hardy, und die blonde Schülerin aus Dörverden wippte gekonnt die schmalen Hüften. Vielleicht könnte das den Hardy positiv beeinflussen, denn schließlich hat der ja eine deutliche Schwäche fürs weibliche Geschlecht: Von der blonden über die brünette bis zur rothaarigen Surferfrau hat der in den vergangenen Folgen schon so manches Mädchen betört. Aber eigentlich will ja auch Kerstin gar nicht so recht: „Ich tanze einfach gerne und bin nur mal so vorbeikommen“, verrät sie.
Bei „Alle meine Entchen“, den die vorerst letzte Casting-Frau zum Besten gab, verzog Hardy keine Miene mehr. Wie bloß sollte er die zwei neuen Super-Surfer, die er dringend für die nächste Staffel brauchte, zusammen bekommen? Nur nicht den Mut verlieren: Der Olympiaexpress fährt ja noch ein bißchen weiter durch die Lande, um die deutschen Fernsehsportler eifrig für „das faszinierendste Sportereignis der Neuzeit“ im „Ersten“ zu trimmen. In 33 Bahnhöfen werden Hardy und seine Crew noch so manches Casting durchleben. Nur gut, daß der alte Honecker-Regierungswagen, der bunt beklebt als Olympia-Express unterwegs ist, eine sehr gute Federung hat. „Besonders wichtig für guten und gesunden Schlaf“, verrät ARD-Pressesprecher Matthias Winter, und süße Surferträume für Hardy Krüger Junior.
kat
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen