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Nicht nur pfiffig, die Dame

■ Ilse Werner feiert übermorgen ihren Fünfundsiebzigsten

Buchholz/Nordheide. Für die meisten ist sie noch immer „die Frau mit Pfiff“. Einer ihrer Schlager hieß „Sing ein Lied, wenn du mal traurig bist“, doch so erlebte sie kaum jemand. Ilse Werner ist eine unerschütterliche Optimistin. Aktiv und unternehmungslustig, strahlt sie stets ein positives Lebensgefühl aus. „Ich möchte immer etwas lernen, bin offen für alles Neue“, sagt sie. So erklärt sich wohl auch ihr Multitalent. Sie ist als Schauspielerin, Sängerin, Pfeiferin, Moderatorin und neuerdings sogar als Regisseurin tätig. Übermorgen feiert Ilse Werner ihren 75. Geburtstag.

Das Fernsehen (N3) gratuliert dem früheren Ufa-Star, indem es zum wiederholten Male den 1944 entstandenen Film „Große Freiheit Nr. 7“ ausstrahlt. Dabei hätte sie sich gewünscht, daß auch mal ein neuerer Film gezeigt wird. Zum Beispiel „Hallo Sisters“, die Geschichte eines ehemals populären Gesangs-Duos, das nach 30 Jahren ein Comeback versucht. Für den 1990 gedrehten Film erhielt die Werner – zusammen mit Gisela May und Harald Juhnke – den Bundesfilmpreis in Gold. Wenn man schon die alten Streifen hervorhole, so sei nicht die „Große Freiheit“ ihr Lieblingsfilm gewesen, sondern „Wir machen Musik“ von 1942, sagt die Künstlerin.

Geboren 1921 in Batavia (heute Jakarta) als Tochter eines holländischen Exportkaufmanns und der Frankfurterin Lilli Werner, kam Ilse Still – wie sie ursprünglich hieß – im Alter von zehn Jahren nach Deutschland. Schon damals konnte sie virtuos pfeifen. „Ein Geschenk der Natur, ich tat nichts dafür“, betont sie. Die Neigung zur Schauspielerei habe ihr vermutlich die chinesische Großmutter vererbt. Als der Vater nach Wien versetzt wurde, ergriff die damals 15jährige die Chance zu einem Studium am dortigen Max-Reinhardt-Seminar, wo ihr der Künstlername Werner empfohlen wurde. Mit 16 Jahren erhielt sie ihr erstes Engagement am Theater in der Wiener Josefstadt.

„Als junges Mädchen bin ich durchaus auch mal launisch gewesen“, gesteht Ilse Werner. Das sei ihr schnell vergangen, als sie in der Kriegszeit die großen Filme drehte („Bel Ami“, „Schwedische Nachtigall“, „Münchhausen“). „Da habe ich gelernt, mit Disziplin, aber auch mit Humor die Probleme zu meistern.“ Nach Kriegsende wurde sie zeitweise mit einem Berufsverbot belegt – zu Unrecht, wie sie findet. Nach ihrer Ansicht war das umstrittene „Wunschkonzert“ kein Propagandafilm. Bereits 1950 trat sie in „Die gestörte Hochzeitsnacht“ wieder als Filmschauspielerin auf.

Ihr langgehegter Wunsch, einmal in einem Musical mitzuwirken, ging erst 1970 in Erfüllung. Ilse Werner spielte die Lehrerin in der deutschen Bühnenfassung von „Der König und ich“. Rückblickend sagt sie: „Die schönste Rolle meines Lebens.“ Der Sprung ins Charakterfach gelang ihr 1973 mit der weiblichen Hauptrolle in Thornton Wilders Stück „Wir sind noch einmal davongekommen“. Die Titelheldin in einer Tragödie entspricht weniger ihrem Naturell, eher möchte sie „glückliche Frauen“ verkörpern. Ihre beiden Ehen blieben kinderlos, was sie sehr bedauert. Ihre vielen Freunde, mit denen sie auch den 75. Geburtstag feiert, ersetzen die Familie.

„Eigentlich bin ich nicht die große Bühnendarstellerin. Lieber agiere ich vor der Kamera, im Film, Fernsehen oder Show-Programm“, verrät Ilse Werner, die 1997 ihr 60jähriges Bühnenjubiläum begeht. Vorher will sie ein Filmprojekt zu den Stationen ihrer Karriere fertigstellen.

70mal hat die agile Künstlerin schon den Wohnort gewechselt, inzwischen bleibt sie Norddeutschland treu. Aus der Holsteinischen Schweiz zog sie kürzlich nach Buchholz in der Nordheide (Niedersachsen), demnächst will sie in die Hamburger City umziehen. Gegenwärtig tourt sie mit ihrem bunten „Abend mit Pfiff“ durch die Ostseebäder, singt, pfeift und parodiert berühmte Kolleginnen. „Die Leute in den neuen Ländern erleben mich zum ersten Mal live.“

Jörn Freyenhagen/dpa

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