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Haftbefehl leichtgemacht

■ Die Forderung eines Richters nach einem 72stündigen Untersuchungsgewahrsam stößt vorwiegend auf Kritik. Justizverwaltung: "Unausgegorener" Vorschlag

Die jüngsten Auseinandersetzungen über den richterlichen Bereitschaftsdienst gipfeln jetzt in dem Vorschlag nach einem „zeitlich befristeten Haftbefehl“, den der stellvertretende Vorsitzende des Hauptrichterrats, Hans Joachim Baars, fordert. Der Moabiter Richter reagiert damit auf die kürzlich vom Abgeordnetenhaus eingeführte gesetzliche Verpflichtung, wonach Bereitschaftsrichter täglich bis 24 Uhr zur Verfügung stehen müssen. „Damit ist das Problem der Verbrechensbekämpfung nicht zu lösen“, so Baars.

Deshalb wandte er sich an die Justizsenatorin mit dem Vorschlag einer Gesetzesinitiative, einen „72stündigen Untersuchungsgewahrsam“ einzuführen. Richter sollen, so Baars, „bei einem dringenden Tatverdacht zur weiteren Aufklärung einen 72stündigen Polizeigewahrsam“ anordnen können. Dies sei „bei Fällen der Schwer- oder Bandenkriminalität mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr rechtsstaatlich gerechtfertigt“. Der Richter erhofft sich von einer Gesetzesinitiative, die zumindest eine Änderung der Strafprozeßordnung erfordern würde, ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. „Oft gibt es da Zuordnungsschwierigkeiten“, so Baars. Vor wenigen Wochen setzte ein Richter drei Vietnamesen auf freien Fuß, die zusammen mit fünf weiteren Vietnamesen nach einer Geiselnahme festgenommen worden waren, weil die gefundenen Waffen nicht einzeln zugeordnet werden konnten.

Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) wollte sich gestern noch nicht äußern. Pressesprecherin Corinna Bischoff sagte zur taz, daß der „unausgegorene“ Vorschlag, der eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich mache, „geprüft“ werde. Die justizpolitische Sprecherin von Bündnis90/ Die Grünen, Renate Künast, sprach von einem „Tiefschlag gegen den Rechtsstaat“. Außerdem suggeriere der Vorschlag, „daß in der ethnisch abgeschlossenen Gruppe der Vietnamesen in drei Tagen ermittelt werden könne, was in zweien nicht gelang“.

Unterstützung erhält Baars vom Leitenden Oberstaatsanwalt am Kammergericht. Dietrich Hoelzner hält den Vorschlag für „durchaus erwägenswert“ und verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Rechtsanwalt Hans-Joachim Ehrig jedoch, langjähriger Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger, sprach sich entschieden dagegen aus, Richter „zur Ermittlungsverlängerung“ zu mißbrauchen. Die bisherige Praxis habe sich durchaus bewährt. Danach darf niemand länger festgehalten werden „als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen“. Barbara Bollwahn

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