Toter Fisch rächt sich

■ 6.000 Menschen in Japan sind an einer Lebensmittelvergiftung erkrankt

Tokio (taz) – Nur noch eine Woche bis zu den Sommerferien, und an Japans Schulen geht die Angst um. Fast 6.000 Menschen, darunter 4.300 Schulkinder in Sakkai bei Osaka, waren bis gestern an Lebensmittelvergiftung erkrankt, ohne daß die Ärzte die genaue Krankheitsursache feststellen konnten. In Tokio berief der Premierminister eine Sondersitzung von Experten ein. Derweil erhielten Schulen und Kindergärten die Order, rohes Fleisch garzukochen und Küchenwerkzeug sauberzuhalten. Kinder sollen sich vor dem Essen die Hände waschen.

Lebensmittelvergiftungen sind in Japan während der feuchtwarmen Regenzeit keine Seltenheit. Die Vergiftungswelle hat diesmal jedoch mehr Opfer als sonst gefordert. Bereits im Mai starben ein 6jähriges Mädchen, ein 7jähriger Junge und ein 84jähriger Mann. Gestern waren 234 SchülerInnen im Krankenhaus.

Der Erreger der Epidemie ist eine Kolibakterie des Typs 0-157, die unter anderem in Fleisch, Fisch, Geflügel, Milch und Wasser auftritt. Da die Inkubationzeit der Krankheit fünf Tage beträgt, läßt sich kaum feststellen, mit welchem Nahrungsmittel die Bakterien übertragen wurden. Damit ist allen JapanerInnen das Rätsel aufgegeben, welche Diät sie wählen sollen, um einer Infektion zu entgehen. Schon vermuten böse Zungen, daß der rohe Aal im Mittagsmenü der Schulküche von Sakkai für einen großen Teil der Vergiftungen verantwortlich ist. Weitere Mutmaßungen über die Gefahren von rohem Fisch vermeiden die Behörden jedoch – sonst wäre sie mit einer Million protestierender Sushi- Händler konfrontiert. Georg Blume