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Kaum noch Chancen auf eine Chance

■ Bei Fortbildung für Erwerbslose wird noch mehr gespart / Auch Lehrern der Bildungseinrichtungen droht Arbeitslosigkeit

Mit krassen Einschnitten bei Fortbildungsmaßnahmen und Umschulungen müssen Arbeitslose ab Oktober rechnen. In Hamburg erhalten derzeit viele die Mitteilung, daß alle – auch bereits genehmigte – Weiterbildungsmaßnahmen ausfallen werden, sagt Eva Loll vom Hamburger Landesverband der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG). Begründet würden die Streichungen mit der von der Bundesregierung verhängten Haushaltssperre.

Für die seit längerer Zeit erwerbslosen Menschen entfalle die Chance, sich durch Weiterbildung im erlernten Beruf für einen neuen Job zu qualifizieren. Nicht selten seien Praktika, die während der Bildungsmaßnahme absolviert werden, der erste Schritt zu einer Festanstellung im selben Betrieb. Doch nicht nur die Langzeitarbeitslosen treffe diese Entscheidung hart, auch zahlreichen Lehrenden der Weiterbildungsträger drohe letztlich die Arbeitslosigkeit. Viele von ihnen seien freiberuflich tätig. „Nun stehen sie schlagartig in der Wüste.“

Die Bildungsträger seien – wegen andauernder Kürzungen bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Fortbildungen – vermehrt dazu übergegangen, Lehrerinnen und Lehrer nicht fest anzustellen. Die betroffenen Lehrkräfte „leisten“ sich die freiberufliche Tätigkeit nicht als selbstgewählte Unabhängigkeit, sondern aufgrund des Stellenmangels. Bei dem von Loll geschätzten Durchschnittsverdienst von rund 4500 Mark brutto bleibt nicht viel übrig für eine private Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und Lohnausfall. Nicht alle arbeiteten zudem tatsächlich die dafür erforderliche volle Stundenzahl.

Von den Bildungsträgern waren gestern zunächst keine Stellungnahmen zu der „sehr aktuellen“ Situation zu erhalten. Auch das Arbeitsamt Hamburg, an dessen Tür möglicherweise bald schon die ersten Lehrkräfte vorstellig werden müssen, hält sich bedeckt. „Wir haben niemanden angeschrieben“, erklärt Arbeitsamts-Sprecher Manfred Klostermann und meint damit die Benachrichtigung der Betroffenen über die Streichung der Maßnahmen. „Mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Stefanie Winter

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