■ Nachschlag: Bacardi-Feeling: Ghorwane bei den Heimatklängen im Tempodrom
Nicht allen Bands gelingt es, die Urlaubssubstitutionserwartungen des Heimatklänge-Publikums zu erfüllen – Ghorwane schon. Ghorwane sehen aus, wie man sich eine richtige afrikanische Band eben so vorstellt: Sie tragen luftige Batikhemden und bunte Stoffhosen mit Ethnomustern, die Sänger haben Rastazöpfe und ein breites Whoopi-Goldberg-Grinsen im Gesicht, und alle sind unwiderstehlich gut drauf. Leichtfüßig hüpfen auch die Songs vorbei, groovend federn die Bässe, fröhlich grüßen die Bläser – das bringt nicht nur überzeugte Afro-Dancer in Bewegung. Die Musik verströmt dieses gewisse Bacardi-Feeling, das einen zum Cocktailstand eilen läßt, um sich einen Mojito zu ordern.
Pure Ironie scheint da, daß Ghorwanes Heimat nicht gerade zu den klassischen Urlaubsländern gehört: 16 Jahre Krieg haben Mosambik zum ärmsten Land der Erde gemacht. Die Gruppe stammt aus der Gegend um den See Ghorwane, nach dem sie sich benannt haben. Sie verschmilzt die traditionellen Rhythmen ihrer Region mit Afro-Pop à la Marrabenta, wie die urbane Tanzmusik der Millionenmetropole Maputo heißt. Bis 1990 tourte das elfköpfige Orchester hauptsächlich durch Schulen und Fabriken in Mosambik, spielte auf Community Street Festivals, bei Blutspendekampagnen und war ansonsten nur auf Radio Mozambique zu hören. Ihre erste reguläre Platte nahm die Gruppe dann 1992 in den englischen Real-World- Studios auf. Zum ersten Deutschland-Konzert in Berlin sprang, für einen ziemlich kurzen Gastauftritt, der Sänger Wazimbo vom Orchestra Marrabenta Star de Mozambique auf die Bühne. Der Kollege war bereits vor einigen Jahren umjubelter Heimatklänge-Gast, verschwand diesmal aber rasch wieder, als wollte er sagen: Ghorwane brauchen keine Nachhilfe. Daniel Bax
Bis Sa.: 21.30 Uhr, So.: 15 Uhr, Tempodrom, In den Zelten
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