piwik no script img

High-Tech auf Wasser-Kufen

■ Elb-Katamarane geben Gas/ Bugwelle schreckt Cafegäste auf

Hamburg/Stade Dichtes Gedränge herrscht auf der Anlegerbrücke drei im Hamburger Hafen: Gespanntes Warten, dann ein „Wow, guck mal“. Der „Hanseblitz“ legt an. Die Schnellkatamarane „Hanseblitz“ und „Hansepfeil“ sind derzeit die Attraktion an den St.-Pauli-Landungsbrücken. Beide sind seit Mitte Juli im Einsatz – mit bis zu 65 Stundenkilometern von Hamburg über Lühe bis nach Stade an der Unterelbe. Die beiden Betreiber-Gesellschaften HADAG und Schiffahrtskontor Altes Land (SAL) haben damit den Startschuß für die erste deutsche Hochgeschwindigkeits-Flußlinie gegeben.

„Es ist ein Erlebnis mitzufahren, weil es etwas völlig Neues ist“, freut sich eine Urlauberin. Auch zahlreiche ältere Leute wollen den Kick der schnellen Elb-Fahrt erleben. „Zeit vertreiben und das Gefährt einmal ausprobieren“, meint Erna Naundorf aus Hamburg. Ihre vier Skatschwestern nicken zustimmend.

Seit neuestem nutzen auch Tagesgäste die schnittigen Elb-Flitzer, um in 45 Minuten von der Hansestadt bis zum Stadersand zu kommen – mit der Bahn dauert die Fahrt 70 Minuten. „Gut, weil ich mit der Karte auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann“, sagt die 24jährige Kathrin Schumacher. Die Fahrt nach Stade kostet sie 30 Mark für Hin- und Rückfahrt; für Dauerpendler bieten die Betreiber Wochen- oder Monatskarten an.

In langsamer Fahrt geht es zunächst durch den Hafen, dann beschleunigt der Katamaran. Während er bei Blankenese seine Höchstgeschwindigkeit erreicht und mit Vollgas an Kuttern und Containerschiffen vorbeibraust, springen Gäste in den Ufercafés vom Sruhl auf und fürchten sich vor der Bugwelle.

Trotzdem: „Das Fahrgefühl ist vollkommen irre“, sagt Kapitän Kurt Matthes. Mit High-tech und Fernsehmonitoren erinnert sein Arbeitsplatz an ein Flugzeug-Cockpit. Das teilt er sich noch mit drei Kapitänen: Sie müssen sich mit den Jets vertraut machen. „Wir können eigentlich alles vergessen, was wir bisher über Schiffe gelernt haben“, erzählt Matthes.

Die Berufspendler, an die sich die Betreiber hauptsächlich richten, scheinen den City-Jets derzeit noch skeptisch gegenüberzustehen. Nur 80 von ihnen nutzen die Gelegenheit, über das Wasser zu ihren Arbeitsplätzen zu kommen. Trotzdem sind die Betreiber zufrieden. „Fast alle 28 Tagesfahrten sind ausgebucht. Nach und nach gehen auch mehr Abo-Anträge von PendlerInnen ein“, sagt Wiebke Cohrs von der SAL. Ob die City-Jets auch auf Dauer bei Passagieren ankommen, muß sich allerdings erst zeigen. Unterdessen profitieren auch andere Reeder von der 2.800 PS-starken Neuheit zu Wasser. „Das ist für uns keine Konkurrenz“, meint ein Anbieter von Hafenrundfahrten und fügt hinzu:„Im Gegenteil, da kommen so viele, da fällt auch für uns was ab“.

Marion Kraske, dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen