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Kleinbürgerliche Kiezschutzphantasien

■ betr.: „Rückzug in die nächste Eckkneipe“, taz vom 26. 7. 96

Vor drei Jahren bin ich aus München in den Prenzlauer Berg gezogen. Das bäuerlich-xenophobe Gerede von den „Zugroasten“, den nichtbayerischen Fremden, kenne ich, solange meine Erinnerung zurückreicht.

Seit einiger Zeit läßt nun die taz in beunruhigender Regelmäßigkeit die kleinbürgerlichen Kiezschutzphantasien von Uwe Rada abdrucken, der den Prenzlauer Berg von „Touristen“, „Yuppies“ und „Schickis“ sauberhalten will. Mit dem heutigen ganzseitigen Artikel hat er wieder einmal die Vorwendezeit dieses Bezirks als Idylle der Mitmenschlichkeit verklärt, indem er allerlei nostalgische Gestalten um seinen imaginären Stammtisch setzte. Das angeschlagene Verfolgungsvokabular gegenüber den als gesichtslos, kapitalstark und konsumgeil vorgestellten Eindringlingen hat diesmal jedoch eine alarmierende Deutlichkeit angenommen.

Ich bin nur froh, daß diese „Barbaren“ immer zahlreicher hier einfallen, ihre Zelte aufschlagen, Boden gewinnen und die „Liga der Heimatschützer“ zum Rückzug in die Eckkneipe zwingen. Uwe Rada und seine Gespensterarmee, deren Ränge nur noch mit Carl Schmitt und Arnold Gehlen gestärkt werden könnten, hat schon verloren. Der Prenzlauer Berg ist von jeher immer noch fremdenfeindlich, spießig, ängstlich und kleinbürgerlich genug. Doch an manchen Tagen, wenn besonders viele Fahnen der „Kosmopolitischen Allianz“ hier im Bezirk wehen – der übrigens wesentlich mehr „Eingeborene“ angehören, als es Rada lieb sein kann –, dann bekommt man eine Ahnung davon, warum und wie Stadtluft wirklich frei macht. Reginald Grünenberg

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