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Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 18

Nachdem das Fleisch zwanzig Minuten im siedenden Wasser der Dusche zugebracht hat, gießt man es in die vorbereitete Wanne und schreckt es kurz mit Wasser ab. Erkalten lassen. Sie haben jetzt Zeit für eine Zigarette. Kommissar Brook hatte jetzt Zeit für eine Zigarette. Das inzwischen erkaltete Fleisch in ein Handtuch einwickeln und mit der Hand leichten reibenden Druck ausüben. Danach in einer kühlen Körperlotion wenden, damit das Fleisch nicht weiter beschädigt wird. Kommissar Brook!? staunte Afram Brook aus der Wanne an. Brook sagte nichts, zeigte Afram seine Eintritts-, sprich Kreditkarte, die ihm die Tür zur Wohnung zur Rettung Aframs geöffnet hatte und pssste mit seinem Zeigefinger. Es wurde jetzt Zeit; Zeit den Täter zu fangen. Brook mischte sich wieder als Freund und Helfer in das Leben fremder Menschen ein. Wer hat dich zum Duschen geschickt? verhörte Brook Afram mit scharfer Zunge. Afram weinte Tränen aus den Ohren. Eine andere, alternative Antwort hatte Afram dem Kommissar zur Zeit nicht zu bieten. Zensor, verdächtige Brook Zensor, aber warum, Zensor? Zensor antwortete nicht. Er ließ Afram mit den Schultern zucken. Wer von euch beiden oder was zuckt die Schultern? Die Schultern zuckten und ließen sich in ihre natürliche Lage fallen. Weißt du, daß der alte Herbert Schmackes unten im Hof zu Tode getreten wurde? Nein! Nein!? Aber du hast doch gestern die ganze Zeit am Fenster gestanden! Hast du nichts gesehen oder durftest du nichts sehen? Ich weiß nicht, was ich gesehen haben soll oder ob ich überhaupt was gesehen habe oder ob ich überhaupt etwas sehen darf oder ob es überhaupt etwas zu sehen gab. Was sollte ich denn sehen! Verdächtige, Beweise, Indizien – Afram ließ die Schultern zucken. Wer von euch beiden zuckt jetzt die Schultern? Die Schultern zuckten wieder und ließen sich in ihre natürliche Lage fallen. Du hast die Mörder von Herbert Schmackes also nicht gesehen!? Afram zuckte plötzlich zusammen. Der Tote schmeckte nach Erinnerung. Zensor zuckte nicht. Die Erinnerung schmeckte ihm nicht. Mord? dachte Aframs linke Hirnhälfte. Was ist mit deinen Ohren! entsetzte sich Brook. Aframs Ohren fingen an zu tropfen. Tropfen um Tropfen, Blut. Er schlägt mich! Schläft er nie!? Nein, er schlägt mich! Ich komme, wenn er schläft! Vor Brook sank Afram gleich mit offenen Augen auf der Couch zusammen. Er sagte, hörte und bewegte sich nicht mehr. Der Körper ungestaltete sich zwischen Kissen, das Gesicht geriet aus der Fassung, die Hände schützten die Ohren. Aframs Blick; irgendwie bekannt.

Wunder gibt es immer wieder

Das vorletzte Kapitel in Sachen Wohnungsnot, und Kommissar Brook kann endlich jemanden verhaften: Ist doch was, oder?

Die Klingel gab Laut. Die Tür schwieg sich aus. B. Brook in Messing auf weißem Holz. Kein Kuckuck hockte auf dem Schlüsselloch. Alles war so friedlich und still. Und in Ruhe ließ Veddel das Treppenhaus. Aber die Angst wickelte Veddel in nasse Haut. Sein Kopf war ein Nichts. Seine Hände waren Palsteks. Seine Füße klebten seit Minuten vor dem Sesam-öffne-dich! Veddel wußte noch nicht, daß ihm heute kein Wunder, geschweige denn eine Wohnung widerfahren sollte. Er hatte die Adresse von B. Brook gezogen; die schlechte war in sein Kröpfchen gegangen, die guten hatte das Köpfchen von Schmock geschluckt. So gingen sein Freund und Kopf zur gleichen Zeit in Winterhude zwei Wohnungen anschaffen. Zawada und Behrmann hießen die Toten, so jedenfalls hatten die Grabsteine in Ohlsdorf sie ausgewiesen. Veddels schlafende Prinzessin war diese Birgit, Brigitte, Britta, B. Brook.

(Fortsetzung folgt)

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