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Planung nach Bedürfnis

■ Vier Jahre „Bremer Commune“ / „Höchste Zeit, eine andere Gesellschaft aufzubauen“

Mais- und Weizensäcke stehen in Reih und Glied, in der Fahrradwerkstatt hängen rostige Räder wohlgeordnet auf einer Stange, vor der Gemeinschaftsküche vermeldet ein Schild: „Und nach dem Essen abspülen, abtrocknen und einräumen“. „Wischi-Waschi“ ist bei der „Bremer Commune“ in der Bauernstraße 2 nicht angesagt, verrät Commune-Frau Heidi Remmers, denn Selbstverwaltung will gut organisiert sein. Aus dem kleinen Haufen vor vier Jahren sind mittlerweile 30 Leute geworden, die sich in einer kleinen Gemeinschaft selbst organisieren. Eine Öffentlichkeitsarbeits-AG will das Ziel der Commune jetzt bekannter machen. Und das lautet nach wie vor: „Höchste Zeit, eine andere Gesellschaft aufzubauen.“

Aufbau einer „Utopie im Hier und Jetzt“ sieht in der Commune so aus: 30 Leute arbeiten im Commune-Zentrum, die meisten wohnen in WGs im Viertel. Keine Kommune soll das sein – „Die Pariser Commune von 1871 ist unser historisches Vorbild“, erklärt die Commune-Frau. Im revolutionären Paris hatten Arbeiter eine Selbstverwaltung auf die Beine gestellt. „Genau das wollen wir auch.“ Zwei Selbstversorgungs-Kooperativen bilden die Basis. Die Arbeit ist in verschiedene Bezugsgruppen aufgeteilt: Vom Brot backen, Gemüse anbauen und beim Biohof besorgen, bis zum Kochen in der Gemeinschaftsküche – alle Aufgaben sind durchorganisiert. In Küche, Fahrradwerkstatt und im Biokeller hängen Listen über Listen, auf denen akribisch Regeln und Termine notiert sind. Selbst der communeeigene Parzellengarten ist auf einer detaillierten Skizze festgehalten: Da steht Salbei, da wachsen die Kartoffeln, und hier sind Erdbeeren geplant. Die Arbeit ist nach „urkommunistischer Gleichheit“ organisiert. Eine sog. Stammkraft aber soll Hauptverantwortliche für eine Bezugsgruppe sein. Doch nicht länger als 1,5 Jahre. „Dann sollte man was anderes machen“, meint Heidi Remmers. Differenzierte Rotation der Arbeitskraft und Basisdemokratie gehen Hand in Hand. Planwirtschaft wird durch einen Halbjahres-Plan verwirklicht. „Aber nicht wie in der DDR - wir planen nach eigenen Bedürfnissen.“

Jeder setzt fünf bis neun Arbeitsstunden pro Woche ein und kann sich dann fast unabhängig von der Gesellschaft ernähren. Eine Schneiderwerkstatt soll für die Klamotten sorgen, im Fahrradladen können Commune-Fahrräder zusammengebastelt werden. Finanziert werden die „Werkstätten“ aus der „Solidargemeinschaftskasse“. Wer ein T-Shirt aus dem Schrank nimmt, zahlt eine Spende. Neben dem Kleiderschrank hängt eine „Spendenorientierungsliste“. „Free-Shops“ nennt das Projekt dieses Konzept. „Alle nehmen nach ihren Bedürfnissen und geben nach ihren Möglichkeiten“, erklärt Heidi das Commune-Prinzip. Um noch unabhängiger zu werden, träumt das Projekt von einem „Solidargemeinschaftshof“: Sechs Leute sollen dort leben und arbeiten und die Commune in der Stadt mit ökologischen Lebensmitteln versorgen.

„Es ist möglich, etwas Neues aufzubauen“, folgert Heidi und verweist auch auf die Geschichte. Doch irgendwas hätten die ausgeflippten Hippies oder revoltierenden 68er falsch gemacht. „Was können wir anders machen“ – diese Frage würde ständig ausführlich in der Commune diskutiert. Etwas Machen – das ist für Heidi sehr wichtig. Mit Schrecken verfolge sie die neuen Arbeitslosenzahlen, die Obdachlosigkeit, die Verarmung in der Gesellschaft. „Immer mehr Leute werden aus der Erwerbsarbeit ausgegrenzt, dabei gibt es soviel gesellschaftlich Sinnvolles zu tun“, sagt die 29jährige, die sich auch für die Grünen engagiert. „Welche Arbeit wollen wir eigentlich“, fragt sie. „Das muß endlich diskutiert werden.“

Die „Bremer Commune“, Bauernstr. 2, trifft sich jeden 1. Mittwoch im Monat ab 10 Uhr zu einem Selbstorganisationstag. kat

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