■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Meister des Chaos

Ralf H. Borttscheller ist zu loben. Dochdoch, das nimmt einem jetzt wieder keiner ab, ist aber ernst gemeint. Der Mann steht für klare Ansagen und vor allem für Ordnung, Ordnung, Ordnung. Mal ehrlich, das hat sich doch die halbe Stadt gewünscht, und nicht bloß der dumpfbackige Spießermob, der jetzt am lautesten Beifall klatscht. Chaostage waren angesagt, Chaostage hat Borttscheller verhindert.

Warum bloß diese Jubelorgie? Es geht um den Bremer Großmeister des Chaos, und der sitzt, Wunder über Wunder, beim Meister des Großreinemachens Borttscheller im Nachbarbüro. Es geht um Borttschellers Staatsrat Hans-Georg von Bock und Polach.

In der Bremer Staatsanwaltschaft sitzt nämlich eine unbestechliche Kämpferin für saubere Schreibtische über dem Aktenberg aus der Hinterlassenschaft von Bock. Kirsten Graalmann-Scherer, Staatsanwältin, eilt ein beinharter Ruf voraus. Wenn es um die Wahrheitsfindung geht, „da kennt die keine Verwandten“, heißt es hinter vorgehaltener Hand aus der Justiz. Und wenn dann noch eine weitere Hand vorgehalten wird, kommt sicher der Satz: „Von der möchte ich mir auch nicht den Schreibtisch aufräumen lassen.“

Was heißt, daß sowieso jeder ein paar Aktendeckelleichen im Schrank hat. Bloß von Bock muß ein ganzes Massengrab hinterlassen haben. Der Mann wechselte von der Staatsanwaltschaft in das Innenressort, und beim Aufräumen in seinem Zimmer fanden sich über 140 Akten, zum Teil unvollständig bearbeitet, zum Teil gar nicht, zum Teil verjährt.

Sehr hübsch ist die verbürgte Geschichte, daß Wochen nachdem von Bock sein neues Amt angetreten hatte, der frischgebackene Staatsrat noch einmal an seine alte Wirkungsstätte gekommen sei. Und siehe da, er hatte noch ein Bündel Ermittlungsakten unter dem Arm. Die habe er halt noch zu Hause gefunden. Noch hübscher ist eine zweite Geschichte, die sich prima erzählen, aber leider nicht erhärten läßt: Als ihn die ermittelnde Staatsanwältin wegen seiner Hausfunde ausgemeckert haben soll, da soll von Bock geantwortet haben, sie solle doch froh sein, daß er überhaupt kommt. Er hätte die Akten ja auch in den Shredder stecken können.

Jedenfalls: Schon heute, so tönt es aus allen Ecken der Staatsanwaltschaft, ist klar, daß es eine Anklage gegen von Bock geben wird. Der Bock – pardon – war dann doch zu fett. Einen Trost halten wir für von Bock heute schon bereit: Einen Ehrenplatz am Sielwalleck, bei den Bunthaarigen. Chaos zu Chaos, findet Ihre Rosi Roland