Sogwirkung

■ Das Abaton stellt erstmals alle Filme von Andrej Tarkovskij vor

Abgesunkene Bilder der Verwesung und Verwüstung tauchen im Nebel über den Flüssen auf. „Rätselhaft“ ist noch zu wenig gesagt angesichts der Filme des russischen Regisseurs Andrej Tarkovskij, die sich wegen ihrer verstörenden Bildersprache nicht annähernd auf Erzählung reduzieren lassen. Es bleibt immer ein Mehrwert, der in lang anhaltenden Einstellungen mit suggestiver Sogwirkung, die scheinbar an ein kollektives mystisches Bildergedächtnis appellieren, nur bildlich gerinnt. Nicht ganz unproblematisch legte Tarkovskij in Äußerungen über seine Filme eine Art religiöse Versenkung als adäquate Rezeption und davon ausgehend eine Art vorrationale Wahrnehmung der Wirklichkeit als Bedingung für die Rettung der Menschheit nahe.

Es war eben jene Verquickung von Apokalypse und Religiosität, die bei seinem letzten Film Opfer (27. Mai, 17.15 Uhr) auf Unverständnis und Ablehnung stieß. In Opfer zieht sich ein Intellektueller auf eine schwedische Insel zurück, auf der er sich angesichts der atomaren Katastrophe Gott als Opfer anbietet. Die Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten – Tarkovskij drehte ihn 1986 schwer krebskrank im schwedischen Exil – dokumentiert das Hörspiel Eine Nacht im schwedischen Sommer (28. Mai, 11 Uhr) vom Tarkovskij-Schauspieler Erland Josephson. Dieses Hörspiel beschließt die Reihe, bei der erstmals alle Filme versammelt sind.

Fast 10 Jahre nach Tarkovskijs Tod hält Matthias Elwardt vom Abaton nun die Zeit für reif, „das Unverständnis mit dem nötigen Abstand in eine fruchtbare Auseinandersetzung zu überführen.“ Geleit wird dabei von der Theologin Dr. Inge Kirsner gegeben, die in Solaris einen „metaphysischen Science-Fiction“ entdeckt (7. 5., 11 Uhr).

Eröffnet wird die Reihe, die chronologisch vorgeht, von Tarkovskijs Diplomfilm für die Moskauer Filmhochschule Die Straßenwalze und die Geige, zu dem der Filmwissenschaftler Hans Joachim Schlegel eine Einführung beisteuert (22. April, 18.30 Uhr). Schlegel wird auch Tarkovskijs Hörspiel Volle Kraft voraus kommentieren (22. April, 14.30 Uhr). Im letzten Vortrag wird die Filmwissenschaftlerin Oksana Bulgakowa über Der Spiegel (14. Mai, 11 Uhr) sprechen und ein Bewertung des Gesamtwerks wagen. Volker Marquardt

„Iwans Kindheit“: 20.4., 18 Uhr, 23.4., 11 Uhr; am 21.4. um 11 Uhr zusätzlich mit „Die Straßenwalze und die Geige“ „Die Straßenwalze und die Geige“: 23.4., 13.30 Uhr Alle weiteren Aufführungstermine in späteren Filmprogrammen