: Unterm Strich
Immerzu treffen sich in diesem Sommer die Theater der Welt. Erst in Dresden, dann in Avignon und ab heute bis 8. September ist die „Welt in Basel“ zu Gast. Eröffnet wird das von Renate Klett zusammengestellte Programm vom ThéÛtre Ubu aus Montréal/ Québec mit „Alte Meister“ von Thomas Bernhard, wozu man dortzulande natürlich „Maitres Anciens“ sagt. Misanthropischer Musikkritiker geht seit 30 Jahren jeden zweiten Tag ins Museum... – sieht man ja immer wieder gern. Aus Mexiko City kommt Astrid Hadad. Ein Szenenfoto ihrer One-woman-Show „Heavy Nopal“ zeigt sie sehr lustig mit einem Gasmaskenfragment unter dem Sombrero. Insgesamt soll sie in „bombastischen Kostümen zum Aztekenmonument oder Rivera-Gemälde stilisiert, alle nur denkbaren Mexiko-Klischees auf den Kopf stellen“. Das Mit- und-ohne-Puppen-Theater Green Ginger aus Tenby/ Wales erzählt indessen eine Frankenstein-Geschichte, in der eine Ratte eine nicht unerhebliche Rolle spielt: „Frank Einstein – Born to be Wired.“
Aus Deutschland gibt's derweil Ralf Knicker aus Hamburg, vielmehr seinen ersten Soloabend „Memory – Ein Versuch über Erinnerung“, während aus London die ursprünglich bildende Künstlerin Bobby Baker kommt und abendfüllend die Stunden vor und nach der Geburt ihrer Kinder beschreibt. Und Christoph Marthaler. Aus Basel ist er gekommen, nach Basel kehrt er wieder zurück (kurzfristig). Mit einem Stück über Lina Bögli, eine enorme Schweizerin und Hausdame einer polnischen Adelsfamilie in Krakau, die 1892 ohne Geld zu einer zehnjährigen Weltreise aufbrach. Und wohlbehalten wieder ankam. Als Pendant hierzu kann wohl die Geschichte von „Alma“ Karlin gelten, die in der Regie der Autorin, Uršula Cetinski vom slowenischen Theater Cankarjev dom aus Ljubljana aufgeführt wird. Auch eine Weltreisende, etwas später allerdings, 1919 ff. Sie allerdings hatte immerhin 130 US-$ und 54 Deutschmark sowie eine Schreibmaschine „Erika“ und ihr selbstverfaßtes Zehn-Sprachen-Wörterbuch im Gepäck.
Außerdem zeigt die in Berlin lebende Choreographin Sasha Waltz ihre „Travelogue-Trilogie“ erstmals an drei Abenden hintereinander und die Keli-Company aus Kerala/Indien zeigt, wie sie mit Formen des Kathakali-Tanzes arbeitet, den die französische Choreographin Annette Leday zuvor „gründlich studiert und analysiert“ hat. Und aus Montélimar kommt das ThéÛtre du Fust („der heißeste Geheimtip des französischen Theaters“) und hat mit Puppen und Menschen, Stiefeln, Flaschen und Möbeln „kongeniale Bilder“ für „J'ai gêné et je gênerai“ nach Daniil Charms erfunden, der einmal über einen gewissen Störenfried schrieb: „Und die Sanitätskommission (...) befand ihn für antisanitär und überhaupt zu nichts mehr nutze und befahl dem Hausverwalter, Kalugin mit dem Kehricht hinauszuschaffen.“
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