■ Vorschlag: Tanz den Äquinox mit der JC & Co Moving Worlds Dance Company
Unglaublich schwer sei es, eine eigene Kompagnie aufzubauen, sagt Jacalyn Carley, lacht, löffelt Tomatensuppe und spricht – nein, singt – Gertrude-Stein-Verse in mein Aufnahmegerät. Seit sich die Mitbegründerin und Coleiterin der Tanzfabrik entschieden hat, diese (nach 17 Jahren!) zu verlassen, und den Sprung in eine (nicht nur) finanziell völlig ungesicherte Zukunft wagte, befindet sie sich künstlerisch in einem Aufwind, an den wohl niemand mehr geglaubt hat. Sehr wahrscheinlich nicht einmal sie selbst.
Zur Tagundnachtgleiche präsentiert die JC & Co Moving Worlds Dance Company nun – frei nach Gertrude Stein – „Stanzas in Meditation“: Ein ironisches Spiel über esoterische Verklärungen, über das eigene Staunen ob der Tatsache, daß beim Äquinoktium auf der ganzen Welt die Tage und Nächte zwölf Stunden lang sind (hätten Sie's gewußt?), und über den, wie Jacalyn Carley sagt, zu wenig beachteten, aber ganz ungeheuerlichen Humor der Gertrude Stein. Ein Humor, der offensichtlich ansteckend wirkt: Eine so heiter-ironische Arbeit gab es von Carley schon lange nicht mehr und sehr wahrscheinlich auch nicht vom Komponisten Baardo Henning, der launig Stein auf Stein selbst angewandt hat. Bei seinen sechs – zu fünfzig Gertrude-Stein-Zeilen erarbeiteten – Songs kann sich eine Textzeile auch schon mal drei Minuten wiederholen. Nach Ansicht eines Probendurchlaufs steht fest: Der Anfang ist wunderbar. Carley ist eine seltsame Fusion der Stile, eine Verbindung der unterschiedlichen Bewegungsformen zu einer hochartifiziellen Tanzsprache gelungen. Einerseits wird eine unentwegte Ironisierung der Mittel betrieben, andererseits speist sich das Stück aus der Konzentration des Tai Chi und der Feierlichkeit des höfischen Tanzes. Ein futuristisch- fröhlicher Herbstgruß. Michaela Schlagenwerth
Premiere: 22. 9. um 7 Uhr am Gendarmenmark (Französischer Dom) sowie vom 22. bis 24. 9., 18 Uhr, Klosterruine, U-Bahn Klosterstraße.
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