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„Unschuld genommen“

■ Benedikt Härlin setzte auf Verhandeln

Berlin-Chef von Greenpeace, 1981 Besetzer und taz-Reporter.

taz: Wie hast du von Rattays Tod erfahren?

Härlin: Ich stand dem triumphierenden Lummer in der geräumten Bülowstraße 89 gegenüber und weiß bis heute nicht, warum ich ihm da keine gelangt habe. Als ich rauskam, war gerade ein Zusammenlauf, wo Rattay überfahren wurde. Da war nur noch ein riesiger Blutfleck.

Gab es danach die Tendenz, jetzt erst recht zurückzuschlagen?

Für mich war es erst mal ein großes Erschrecken. Ich meinte, für das, was wir erreichen wollen, ist es nicht gerechtfertigt, Tote in Kauf zu nehmen. Aber Lummer hatte signalisiert, daß er dazu bereit ist. Das hat der Gewaltdebatte die Unschuld genommen. Ich war von Anfang an ein Vertreter der verhandlungsbereiten Fraktion. Wir wollten die Freiräume erobern, aber auch halten. Andere wollten hauptsächlich nachweisen, daß der Staat ein Schwein ist. Der Tag war sicherlich die Legitimation für organisiertere Gewalt.

Hat dich der Tag geprägt?

Der Tag war ein Anlaß, über die Gewaltfrage nachzudenken. Am Ende dieses Nachdenkens steht für mich, bei Greenpeace zu arbeiten und eine klare Gewaltfreiheit zu vertreten. Neben der Moral stellt sich auch die Frage, was man mit Gewalt erreichen kann. Es hieß ja, wenn wir keine Gewalt machen, nimmt uns die Presse nicht wahr und dann ist der Druck nicht groß genug, um etwas durchzusetzen.

War das denn nicht so?

Doch, das ist heute sogar noch stärker. Aber gerade darum ist es richtig, sich dem kategorisch zu verweigern.

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