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Eine Runde eine Stunde

■ Mit neuen Fährstrecken soll Bremen Touristen anlocken, nur das Interesse von Kaufleuten und potentiellen Anleger-Benutzern ist eher lau

„In der Längsentwicklung kommen wir erstmal nicht weiter, also versuchen wir, quer zu denken.“ So blumig kann beim Bausenator nur einer formulieren: Stefan Boltz, Leiter der Arbeitsgruppe Weserbus. Soll heißen: gerade weil sich derzeit in Sachen Weserbus nichts tut, schippern bald die Barkassen vom Weserstadion zum Kartoffelbunker in Woltmershausen und von Gröpelingen zum Weserbahnhof.

Ausgebaut werden die neuen Fährverbindungen häppchenweise. Zum Konzertgenuß geht es in Bremen bereits jetzt: vom Martini-Anleger aus schippert man zum Pier 2 und zurück. Doch das ist erst der Anfang: „Neue gastliche Haltestellen für den geplanten Weserbus“ stellte Boltz gestern bei einem sechsstündigen Dauerschippern auf der Weser vor. Entwürfe einer Studentengruppe für Schwimmbäder und Restaurants waren reichlich an Bord.

Doch die hochtrabenden Pläne des Stefan Boltz haben meist einen Haken, wie Jürgen Brünjes (SPD) vom Beirat Gröpelingen weiß: „Die Ideen sind nicht schlecht, aber wer bezahlt das?“ Private Anleger, hatte Boltz ausbaldowert. Bislang aber treibt trotz der tatkräftigen Hilfe aus dem Hause des Bausenators nur ein kleines Grüppchen das Projekt voran. Federführend: Hal Över, Gesellschaft für innovativen Stadttourismus, die das Warten auf den Weserbus satt hat. „Ohne Space- und Oceanpark sehe ich nicht, daß sich da was bewegt“, sagt Dieter Stratmann, Geschäftsführer von Hal Över. Zusammen mit Heiner Hellmann, Geschäftsführer von Modernes und Pier 2, werkeln Boltz und Stratmann nun an der kleinen Lösung. Schließlich ist Hellman bislang der einzige, der mit seinen kulturellen Veranstaltungen einen Grund bietet, überhaupt auf der Weser rumzuschippern.

Weitere Investoren halten sich trotz des verbalen Interesses bislang zurück. Der Manager der City-Initiative, Falko Kerkhoff, zeigte sich gestern bei der Seefahrt wenig beeindruckt. Die Brauerei Beck & Co. hatte zwar Interesse an einem eigenen Anleger hinter der Stephaniebrücke angemeldet, war aber nur durch Getränke vertreten. Beim SV Werder Bremen, bei der Neugestaltung des Anlegers Weserwehr im Gespräch, zeigte man sich überrascht von der Einladung. „Herr Lembke hat gar keine Zeit, sechs Stunden herumzuschippern“, stellt Geschäftsführer Wolfgang Barkhausen klar. Aktiv werden will der Verein nicht. „Obwohl wir uns natürlich freuen, wenn man auch mit der Fähre zu den Spielen kann.“

Ein Lichtblick für Boltz: das Projekt Kartoffelbunker, eine Gemeinschaftsaktion vom Ortsbeirat Woltmerhausen und örtlichen Betrieben gedeiht. 1997 soll hier ein Fähranleger fertig gestellt und der alte Bunker zum Kulturzentrum umgewandelt sein. Auch die Anleger Hal Över, Weserwehr und der Martinianleger sollen schon 1997 umgebaut sein – fertig ist die touristentaugliche Erlebnisundfahrt. „Eine Runde eine Stunde“ dichtet Boltz. „Und am Wochenende soll es längere Törns bis nach Vegesack rauf geben.“ Die Fährrundfahrt soll nach Hamburger Vorbild im Paket mit Altstadtbesichtigung angeboten werden.

Mit dem Fährpaket Bremen für den Tourismus attraktiver zu machen, halten Boltz und Stratmann für erfolgversprechend. Eine fährtaugliche Hafenbarkasse, wie sie im Hamburger Hafen zu Dutzenden herumschippern, kostet nur etwa 150.000 DM – eine überschaubare Investition im Gegensatz zum Weserbus-Katamaran, der über sechs Millionen kostet. Deshalb bleiben die Skipper optimistisch: In Fachblättern sucht Stratmann bereits per Inserat ein weiteres Schiff. Lars Reppesgaard

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