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Siemens streitet für atomfreies Hanau

Siemens und Umweltschützer einig beim Erörterungstermin über Abtransport von Plutonium  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Hanau (taz) – Gestern begann in Hanau die öffentliche Erörterung der Siemens-Pläne, alles Uran und Plutonium aus den alten Produktionsanlage für Brennelemente in Hanau fortzuschaffen, um den Atomstandort Hanau anschließend dekontaminieren und abwracken zu können.

Fragen haben die Kritiker vor allem beim Wie der Abwrackpläne. Können die nuklearen Gebinde aus Hanau ohne Gefahr für die Siemens-Belegschaft transportfertig gemacht werden, und welche Behälter erlauben überhaupt einen sicheren Transport von Uran und Plutonium?

Grundsätzlich aber sind die Umweltschützer diesmal für die Siemens-Pläne. Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) lobte ausdrücklich die Absicht des Siemens-Konzerns, die längst stillgelegte MOX-Fabrik auszuräumen, in der noch rund dreißig Tonnen radioaktive Materialien – darunter mindestens 2,4 Tonnen Plutonium – lagern. Auch Elmar Diez von der Initiativgruppe Umweltschutz Hanau begrüßte den Siemens-Antrag: „Wir haben schließlich mehr als zwanzig Jahre lang für ein atomfreies Hanau gekämpft.“ Erörtert werden müsse der sichere Transport von Uran und Plutonium nach La Hague und Sellafield.

Doch zur Überraschung der Mehrzahl der EinwenderInnen meldete sich gestern vormittag erstmals eine Einwendergruppe zu Wort, die die Atomfabrik in Hanau behalten möchte. Ihr Wortführer, Carl-Theodor von Renthe-Fink, beantragte den Abbruch des Erörterungstermins. In den Antragsunterlagen von Siemens fehlten ausführliche Hinweise darauf, was in La Hague oder in Sellafield mit dem Plutonium und dem Uran aus Hanau geschehen soll. Von Renthe-Fink warf der Antrags- und Genehmigungsbehörde vor, keine Vertreter der Atomfirmen Cogema (Frankreich) oder British Nuclear Fuel Limited (BNFL) geladen zu haben. Der Versammlungsleiter, Ministerialdirigent Wolfgang Renneberg, lehnte ab. Schon die Eröffnungsdebatte habe gezeigt, daß der Bedarf nach Erörterung groß sei – und der Abbruchantrag deshalb nicht sinnvoll.

In der Sache forderte von Renthe-Fink Siemens auf, in Hanau weiterzuarbeiten. Das Plutonium und das Uran sollten in der neuen, nicht mehr in Betrieb genommenen Fertigungshalle (MOX II) zu Brennelementen verarbeitet werden. Die Brennelemente könnten anschließend im AKW Biblis A eingesetzt werden. Das sichere Arbeitsplätze und mache „gefährliche Transporte“ von radiaktivem Material ins Ausland überflüssig.

Siemens-Justitiar Christan Stuppe schlug sich auf die Seite der Umweltschützer. Das Material müsse „gerade aus Sicherheitsgründen“ so schnell wie möglich aus Hanau fortgeschafft werden, denn die atomaren „Gebinde“ seien nur begrenzt lagerfähig. Und Stubbe bot dem ausstiegswilligen EinwenderInnen die Friedenspfeife an: „Der Krieg ist vorbei. Und deshalb müssen wir hier nicht die alten Schlachten schlagen.“

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