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Bewährung für den „Kundschafter des Friedens“?

■ Prozeß vor dem OLG-Staatsschutzsenat: SPD-Funktionär spionierte für die Stasi

Arved R. macht nicht einmal den Versuch, etwas zu bagatellisieren oder zu vertuschen. Bereitwillig gab der angeklagte Rechtsanwalt gestern Auskunft über seine Arbeit für die DDR-Staatsicherheit als Spion – „Kundschafter des Frieden“ genannt – und legte ein umfassendes Geständnis ab.

Arved R.s Politisierung begann in den sechziger Jahren: „Vietnamkrieg, Notstandsgesetze, Menschenrechtsverletzungen in Griechenland.“ Immer wieder war der engagierte Sozialist bei Go ins dabei: „Das hat mich alles geprägt.“ 1970, als Aktivist beim Sozialistischen Hochschulbund (SHB), bekam er bei Reisen Kontakte zur Freien Deutschen Jugend (FdJ): „Offizielle SHB-Politik war die Anerkennung der DDR.“

Im Anschluß an eine solche Reise luden ihn die FDJler Monate später zu einer sogeannten „Nachbereitung“ ein. Er habe schnell erkannt, daß er als Agent angeworben werden sollte. „Das hat bei mir keine großen Überredungskünste gefordert. Ich war bereit dazu.“ Arved R. wurde in den Agentenfunk eingewiesen und bekam die Handhabe einer Mikrofilmkamera erläutert.

In den folgenden Jahren lieferte er auftragsgemäß „allgemeine Politische Informationen“ aus seinem politischen Betätigungsfeld – als Mitglied der Jusos und nachher als SPD-Bezirksabgeordneter in Eimsbüttel. Von besonderen Interesse: Infos über die Ex-SPD-Chefin Traute Müller – ihr Lebengefährte war ebenfalls DDR-Agent.

Mitte der achtziger Jahre drängten ihn seine Auftraggeber, so der Anwalt, ein Mandat in der Bürgerschaft anzustreben. „Das war einer der Wünsche.“ Doch das wollte Arved R. nach eigenen Angaben nicht. Deshalb tat er so, als wenn er parteiintern ins rechte Lager „abgedriftet“ ist, so daß er 1987 nicht wieder in die Bezirksversammlung gewählt wurde. „Ich habe mir selbst die Basis entzogen, um nicht weiter abschöpfen zu können.“ Eine weitere „Bruchstelle“ war die Heirat mit einer Südkoreanerin, mit der er zwei Töchter hat. Sie wußte nichts: „Ich bin mit einer Lüge in die Ehe gegangen.“

Der Anwalt machte auch nicht mit, als er den damaligen Vize-Verfassungsschutzchef Ernst Uhrlau ausspionieren sollte. „Wir kannten uns aus dem Knabenchor.“ Beide Familien verkehrten privat miteinander, trafen sich zu diesem Zeitpunkt zwei bis drei Mal im Jahr. Als er allerdings via Uhrlau ein (Anwalts-)Mandat in einer mutmaßlichen Stasi-Mordaffäre bekam, – DDR-Agenten sollen einen Hamburger Ostspediteur ermordet und in den Landwehrkanal geworfen haben – fungierte er als Doppelagent. Einerseits verschaffte er dem Verfassungsschutz Informationen über den Wissensstand der Ehefrau, andererseits lieferte er der Staatssicherheit eine Kopie der Todesermittlungsakte.

Auch als der Jurist zwei Ex-BRD-Agenten vertrat, die nach ihrer Enttarnung in der DDR eingeknastet wurden und nach ihrer Entlassung nun von der Innenbehörde Schmerzensgeld verlangten, lieferte der Anwalt Angaben über den Zwist „nach drüben.“

Trotz seiner Tätigkeit als Agent aus Überzeugung hat Arved R. niemals brisantes Material geliefert. „Das war alles Material der Kategorie 3“, stellt der Richter Albrecht Mentz nüchtern fest. Das Urteil wird Freitag erwartet – die Anklage hat eine zweijährige Bewährungsstrafe gefordert. Kai von Appen

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