: Unterm Strich
Weiter zum Thema Buch: Der Autor Jürgen Lodemann und zweiundvierzig andere Schriftsteller verwahren sich dagegen, daß die Büchergilde Gutenberg die von ihr veranstalteten Treffpunkte, auf denen, so Lodemann, „haptische Begegnungen mit den Künsten der Illustratoren, der Buchbinder, der Leinwand- Präger“ und nicht zuletzt der Schriftsteller und Bücher selbst möglich war, aus Kostengründen einstellen will. Der Plan verbittert die Unterzeichner vor allem vor dem Hintergrund, daß es sich bei der Büchergilde schließlich um eine Einrichtung des DGB handele: „Diese Wochenendaktion nach Art einer Polizeirazzia überraschte die Betriebsräte (soweit sie überhaupt noch vorhanden sind in diesem gewerkschaftlich getragenen Unternehmen unter der Flagge ,Mitbestimmung‘), das Personal fühlte sich überrollt, die Regionalleiter ausgetrickst.“
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, wird am Sonntag in Berlin seine umstrittene Autobiographie „Damit bin ich noch längst nicht fertig“ vorstellen. Kurz vor Erscheinen des Buches (beim Frankfurter Campus Verlag) war es Anfang Oktober zwischen Bubis und dessen Mitautor Peter Sichrovsky zu einem Zerwürfnis gekommen: Der als liberal bekannte österreichische Schriftsteller Sichrovsky ließ wissen, er wolle für die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei (FPÖ) Jörg Haiders in das Europaparlament einziehen. Sichtlich verärgert stellte Bubis daraufhin klar, er habe sich bereits früher von dem eigensinnigen Ghostwriter getrennt. Nachdem er die ersten 50 Seiten der Textentwürfe gelesen hatte, habe er feststellen müssen: „Das entsprach nicht meinem Stil.“ Sichrovsky habe ihm Worte und Geschichten in den Mund gelegt, die gar nichts mit ihm zu tun hätten. Das Buch wurde am Ende mit Unterstütung einer Verlagsmitarbeiterin fertiggestellt.
Sichrovsky konterte mit der Ankündigung eines „Polit-Thrillers“ unter dem Titel „Der Kandidat“ an. Darin wolle er sich mit der „Kandidatur des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinden in Deutschland als Kandidat für die deutsche Präsidentschaft“ beschäftigen. Mit Bubis habe die Kunstfigur nichts gemein.
In seiner auf fast 300 Seiten ausgebreiteten Lebensgeschichte geht der 69jährige Bubis in aller Kürze auf die ihm 1993 angetragene Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten ein. „Erstens hielt und halte ich mich nicht für fähig, ein solches Amt zu bekleiden. Und zweitens ist die Zeit noch nicht reif, daß ein Jude Bundespräsident werden kann“, stellt er dazu fest. Bubis überlebte in seiner Familie als einziger den Holocaust in einem Arbeitslager. Jahrzehntelang redete er nicht über seine Vergangenheit, wie er in seiner Autobiographie bekannte. 1992 hat er das Amt des Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland übernommen.
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