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35 Millionen für den Vulkan

■ Land Bremen verzichtet auf Ansprüche aus Schiffshypothek / AfB: „aus Teufelsskreis austreten“

Mit den Stimmen der großen Koalition hat die Bremische Bürgerschaft gestern nachmittag einem Vergleich mit dem Vulkan-Konkursverwalter Jobst Wellensiek zugestimmt, der das Land 35 Millionen kostet (vgl. taz 14.10.) Die CDU hätte das Thema lieber „ohne Debatte“ über die parlamentarische Bühne gezogen, eine öffentliche Erörterung könnte „schädlich“ sein, bestätigte der CDU-Abgeordnete von der Schulenburg öffentlich. Die Opposition hatte aber auf der Debatte bestanden.

Hintergrund des Streits sind die Schiffshypotheken für die Costa 2, mit denen sich das Land ihre Bürgschaft für einen 78-Millionen-Bankkredit sichern wollte. Wellensiek hatte angekündigt, er werde die Rechtsgültigkeit dieser Hypothek anfechten. Mindestens 43 Millionen der Bürgschaft wären sowieso verloren gewesen, nur 35 Millionen hätte das Land aber zurückerhalten, wenn der Rumpf für die von Wellensiek geforderten 50 Millionen an den Reeder Costa verkauft werden könnte.

Auf diese 35 Millionen wollte das Land in dem Vergleich verzichten. Begründung: Erstens sei die Schiffshypothek juristisch nicht wasserdicht. Zweitens benötige der Konkursverwalter die 35 Millionen für den Bau der derzeit auf Kiel liegenden Containerfrachter auf dem Vulkan. Und damit Wellensiek nicht auf den Verkaufserlös des Costa-Rumpfes warten müßte, schoß das Land die erhofften 35 Millionen gleich als neuen Bürgschaftskredit vor.

Die Grüne Helga Trüpel kritisierte die Senatspolitik mit der Begründung, hier werde das Risiko des Landes immer weiter vergrößert, ohne daß es bis heute ein Zukunftskonzept für den Vulkan gebe. Zudem könnte die EU den Verzicht auf die 35 Millionen als unerlaubte Beihilfe einstufen.

Der AfB-Wirtschaftspolitiker Patrick Wendisch stimmte ihr zu: Schon aus rein rechtlichen Gründen dürfe man dem „Vergleich“ nicht zustimmen. Und wenn die „übergeordneten Gründe“ des Teufelskreises der Vulkan-Subventionierung angeführt würden, dann komme er inzwischen zu dem Schluß: „Irgendwann muß man aus dem Teufelskreis austreten“. Für die AfB sei dieser Moment jetzt gekommen. Der SPD-Sprecher Detmar Leo räumte ein, daß mit diesem Vergleich die Weiterbeschäftigung auf dem Vulkan bis zum Mai 1997 erkauft werde und nicht mehr. Bis dahin soll das McKinsey-Gutachten vorliegen. CDU-Finanzsenator Ulrich Nölle wurde grundsätzlich: Er werde „alles tun, diese Arbeitsplätze auch in Zukunft zu sichern“, erklärte er. Nölle wörtlich: „Ich hätte mir gewünscht, Bremen bekäme auch (wie das Saarland für den Kohle-Bergbau, d.Red.) ein Mal im Jahr eine Milliarde zur Erhaltung der Werftarbeitsplätze.“ K.W.

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