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Kino-Familie mit „Kindern“

■ Die Film-Serie heute: Hans-Peter Jansen und sein Fama-Kino in Lurup

Ein typischer 70er-Jahre-Bau, die Wände im Saal mit bordeauxrotem Stoff verkleidet, der gelbe Vorhang angestrahlt von bunten Scheinwerfern. Das Fama an der Luruper Hauptstraße 247 sieht aus wie ein ganz gewöhnliches, kleines Vorstadtkino. Aber hier waltet ein besonderer Mensch. Er begrüßt seine Gäste persönlich, gibt schon mal ein Eis aus und setzt sich auch an die Kasse, wenn er Lust dazu hat. Betreiber Hans-Peter Jansen, 49, mag nicht nur Rädchen in einem Betrieb sein. Von der Film-Auswahl über das Programm-Layout bis zur Abrechnung macht er gerne alles selbst.

Einen Traum verwirklichen wollte sich der studierte Elektrotechniker und Betriebswirt, als er 1977 mit vier Freunden das Alabama in Eidelstedt eröffnete. „Ich liebe den Hamburger Westen. In so einem Vorstadtkino muß man noch viel mehr Pionierarbeit leisten.“ Deshalb blieb er auch nach der Schließung des Alabama der Stadtteilarbeit treu. 1993 konnte er das Lichtspielhaus der Familie Malisch übernehmen und nach seinen Ideen wieder aufbauen.

Aus dem Saal wurden 120 Sitze ausgebaut, die verbliebenen 280 bieten nun eine bemerkenswerte Beinfreiheit. Mit Dolby Surround Sound und einer 90 Quadratmeter großen Leinwand steht das Fama anderen Hamburger Kinos technisch in nichts nach. Und das Programm übertrifft in seiner Vielseitigkeit die meisten bei weitem. Zwar werden hier auch die gängigen Blockbuster für die Leute vor Ort gezeigt, die die Preise in den City-Kinos nicht zahlen können – im Fama kostet der Kinobesuch 8 oder 10 Mark. Aber damit finanziert Jansen seine „Kinder“: die Filme, die er selber gerne sieht. Mit Avantgarde, Underground und Pornographie tobt er sich im Spätprogramm aus.

Eine Besonderheit sind die „Prima Plan“-Abende. Musikgruppen präsentieren ihren Lieblingsfilm und treten live auf. Hier spielten Tocotronic, die sich den Kinderfilm Wir wollen eine Arche bauen von Hark Bohm wünschten und Fix und Foxi-Hefte verkauften.

Die Ideen zu seinen Themenreihen kommen einfach „aus dem Bauch heraus“, das Programm überlegt er sich immer nur einen Monat im voraus. Und damit landet er manchmal erstaunliche Treffer. Afrikanische Musik inspirierte zum Afrikanischen Filmfest, zu dem Schwarze aus ganz Norddeutschland anreisten. „Die haben andere Sehgewohnheiten. Nach den Filmen diskutierten die Leute noch lange über das, was sie gesehen hatten.“

Solche Erlebnisse bilden die Höhepunkte der Berg- und Talfahrt, die das Kinomachen für Jansen darstellt. Dieses Bild mag auf die Zuschauerzahlen zutreffen. Bei der Kulturbehörde aber sorgt sein Konzept für einen Dauererfolg. Seit fünf Jahren geht der Hamburger Kinopreis an das Fama. Dieses Jahr hat Jansen sein Programm dann auch einmal ans Bundesinnenministerium geschickt und prompt ging – bei 83 Bewerbern – der erste Preis mit 10 000 Mark nach Lurup. Wofür das Geld ausgegeben wird, entscheiden die zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam. Jansen: „Wir sind sehr familiär, treffen uns auch privat. Zuerst war es ein bißchen schwierig, den Leuten, die ich aus dem alten Kinobetrieb hier übernommen habe, das Siezen abzugewöhnen.“ Aber die ehrliche Begeisterung des Betreibers ist ansteckend. Hier rechnet niemand die Arbeitszeit auf die Minute ab. Wenn neu gestrichen werden soll, sind alle dabei.

Nicht zuletzt ist Jansen auch für das größte Genrefestival der Welt mitverantwortlich: Das alljährlich in fünf Städten stattfindende Fantasy-Filmfest organisiert er zusammen mit zwei Freunden. Mit zunehmendem Erfolg. In diesem Jahr kamen über 80 000 Besucher. „Da fühlten wir uns wie in Cinema Paradiso. Man zieht durch die Straßen, die Filme im Gepäck, und wo man stehenbleibt und vorführt – da ist Kino.“ Und „Kino“ ist Hans-Peter Jansen Lebensphilosophie.

Ilka Fröse

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