piwik no script img

Die Tochter des Ostens in Bedrängnis

Pakistans islamistische Opposition fordert die Absetzung der Regierung von Benazir Bhutto. Die versucht, sich mit Hilfe von prügelnden Polizisten an der Macht zu halten  ■ Aus Islamabad Ahmad Taheri

„Wir werden nach Islamabad marschieren, um das Parlament, diese Ansammlung von Dieben und Räubern, auseinanderzujagen“, sagte Qazi Hussein Ahmad vor einigen Tagen in seiner Residenz in Lahore gegenüber der taz. Am Wochenende hat der Chef der mächtigsten islamistischen Partei Pakistans, Jamaat-i Islami, der „Islamischen Versammlung“, die Drohung wahrgemacht.

Zehntausende Anhänger von Qazi Hussein fuhren mit Zügen und Bussen in die pakistanische Hauptstadt, um mit einem Sit-in „das Land von Korruption und Mißwirtschaft zu befreien“. Doch Polizei und Geheimdienst waren gut vorbereitet. Auf den Zufahrtsstraßen und an den Bahnhöfen wurde jeder verhaftet, der annähernd nach einem Anhänger der islamistischen Partei aussah. In Afghanistan, meinte ein pakistanischer Journalist, werden Männer ohne Bart festgenommen, bei uns ist es umgekehrt. 5.000 Islamisten landeten im Gefängnis. Ferner setzten die schwerbewaffneten Sicherheitskräfte Tränengas und Schlagstöcke ein, um den Marsch zum Parlament zu verhindern.

Größeren Erfolg als das islamistische Sit-in hatte ein landesweiter Streik, zu dem 14 Oppositionsparteien ausgerufen hatten: Am Wochenende waren in den meisten großen Städten Pakistans die Läden geschlossen. Seit Wochen wird im „Land der Reinen“ gegen die Regierung Benazir Bhutto protestiert. In mehreren Städten lieferte sich in den vergangenen Tagen die studentische Organisation der Jamaat blutige Kämpfe mit der Polizei. „Es ist die größte Krise seit der Entstehung unseres Staates vor einem halben Jahrhundert“, schreibt die Nation, die größte englischsprachige Zeitung Pakistans.

Ausgelöst wurde die Protestwelle durch die Ankündigung der Regierung, die Steuern für landwirtschaftliche Produkte sowie für Mineralöl zu erhöhen. Da die Steuererhöhung in erster Linie die Armen trifft, hat die Opposition leichtes Spiel, die breite Masse gegen Bhutto in Bewegung zu setzen. Angriffsziele bietet die Regierungschefin reichlich, darunter nicht zuletzt ihr Ehemann, Asef Ali Zardari. Seine dubiosen Geschäfte haben die „Tochter des Ostens“ schon einmal zu Fall gebracht. Jetzt wirft die Opposition dem steinreichen Geschäftsmann auch Mordgeschäfte vor. Er soll hinter dem gewaltsamen Tod seines Schwagers Murtezah Bhutto stecken, der vor einigen Wochen vor seiner Villa am Indischen Ozean erschossen wurde. Zardari, kehrte vor wenigen Tagen nach Pakistan zurück, um neben seiner Gemahlin am Dschehelum, der islamischen Gedenkzeremonie nach 40 Tagen, teilzunehmen.

„Das ist der Gipfel der Schamlosigkeit“, sagt ein Jamaat-Student in Peschawar, „wenn Mörder ihre Opfer betrauern.“ Inzwischen hat die Opposition den Staatschef Faruk Ahmad Khan Leghari aufgefordert, das Parlament aufzulösen und die Regierung zu entlassen. Ein solches Recht gibt die Verfassung dem Präsidenten in besonderen Fällen. Unterdessen bekundete Benazir Bhutto, daß sie keinesfalls auf die Macht zu verzichten gedenkt. „Mein Herz blutet“, sagte sie, „aber ich muß den Auftrag erfüllen, den mir das pakistanische Volk gegeben hat. Selbst mit gebrochenem Herzen hat eine Frau die Stärke, weiterzukämpfen. Denn Gott gab den Frauen die gleiche Kraft wie den Männern.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen