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Auch der Skoda läuft und läuft

Seit VW beim tschechischen Autobauer bestimmt, bietet Skoda „westeuropäische Qualität zu ostasiatischen Preisen“  ■ Aus Mladá Boleslav Kathrin Bock

Wie kann man den Wert eines Skoda verdoppeln? Volltanken.“ Die Zeiten, in denen verächtliche Witze über der Tschechen liebstes Kind die Runde machten, sollten, ginge es nach der Führung des tschechischen Automobilherstellers, eigentlich längst der Vergangenheit angehören. Seit dem Einstieg von VW vor rund fünf Jahren arbeitet man an einer Imageverbesserung, die den Skoda vom Ruf eines nicht gerade verläßlichen „Ostblockautos“ befreien soll.

Der 16. April 1991 war der wohl wichtigste Tag in der Geschichte des 50.000-Einwohner-Städtchens Mladá Boleslav, 50 Kilometer nördlich von Prag. An diesem Tag wurde der Vertrag zwischen VW und Skoda unterzeichnet, an diesem Tag kam die „westliche Welt“ nach Mladá Boleslav, wo seit 90 Jahren Autos produziert werden. Nach der „Samtenen Revolution“ war Regierung und Firmenleitung klar, daß der Autoproduzent eine gehörige Finanz- und Know-how- Spritze benötigte, um auf dem internationalen Markt überleben zu können.

Daß es gerade die Deutschen sind, die dem Städtchen (und dem gesamten Land) heute Geld und Arbeitsplätze bringen, stört im Grunde niemanden. Böses Blut gab es nur 1994, als die von Wolfsburg versprochenen Investitionen in Milliardenhöhe um die Hälfte gekürzt wurden. Als Gründe wurden die Rezession und das schlechte Beispiel des spanischen Autoproduzenten Seat angeführt, dem zu große Investitionen eher geschadet als genutzt hätten.

Skoda sorgt für Vollbeschäftigung in der Region, die Arbeitslosenrate liegt unter ein Prozent. In jeder Familie in Mladá Boleslav gibt es mindestens einen Skodavák, einen, der bei Skoda arbeitet. 17.000 sind es insgesamt, darunter 90 Ausländer, zumeist Deutsche in führenden Positionen. Die verdienen heute noch immer mehr als ihre tschechischen Kollegen, doch daran hat man sich gewöhnt. Grund zur Unzufriedenheit gibt es nicht: neben westlicher Technik brachte der VW-Konzern westliche Ideen und Betriebsführung mit. Es gibt betriebsinterne Weiterbildung, die Möglichkeit, Sprachen zu lernen, günstige Kredite für Angestellte, ein eigenes Krankenhaus samt Krankenkasse – all das, was es in tschechischen Durchschnittsunternehmen nicht gibt. Zudem liegt der Durchschnittslohn bei Skoda rund 30 Prozent über dem Landesschnitt von 8.000 Kronen pro Monat: ca. 470 Mark. Das haben auch die Einzelhändler in Mladá Boleslav entdeckt. Heute sind die Preise im Ort so hoch wie in den Touristenstädten Prag oder Karlsbad. Schlechte Zeiten also für die, die nicht das Glück haben, bei Skoda zu arbeiten.

Doch Skoda ist nicht nur für die Region um Mladá Boleslav wichtig. Der pompöse Staatsakt bei der Taufe des neuen Mittelklassewagens Octavia Anfang September, an dem Premier Klaus und Wirtschaftsminister Dlouhy teilnahmen, unterstrich die gesamtstaatliche Bedeutung: Die 1,4 Milliarden Mark, die der VW-Konzern für den 70prozentigen Aktienanteil an Skoda hinblätterte, stellen 20 Prozent aller Auslandsinvestitionen in Tschechien zwischen 1991 und 1995 dar. Mit rund sechs Prozent ist Skoda am Gesamtexport des Staates beteiligt. Der Skoda ist trotz Öffnung zum Westen noch immer der Tschechen liebstes Auto und beherrscht über 50 Prozent des heimischen Automarkts – was nicht zuletzt an seinem relativ niedrigen Preis liegt.

Die Aufgaben im VW-Konzern sind klargestellt: Skoda ist das VW-Bein in der Tür zum Osten, neue Absatzmärkte sollen erobert, neue Montagestandorte gefunden werden, die ebenso wie Tschechien über den Standortvorteil der Billiglöhne verfügen. Bei der Eroberung des Westmarktes soll der neue Octavia helfen, für den VW die modernste Montagehalle Europas in Mladá Boleslav errichten ließ. Der Octavia ist das erste VW- Skoda-Produkt, das zu hundert Prozent auf dem Fahrgestell des VW-Konzerns entstanden ist. Das haben vor allem die tschechischen Zulieferbetriebe zu spüren bekommen. Während bei dem Vorläufermodell noch 70 Prozent der Zulieferprodukte aus Tschechien kamen, sind es jetzt nur noch 30 Prozent.

Die Zukunft wird rosig gesehen in Mladá Boleslav, die Firmenleitung macht sich über den Absatz auf dem Westmarkt keine großen Sorgen: „Der Skoda bietet westeuropäische Qualität zu ostasiatischen Preisen“, faßt ein Vorstandsmitglied den Standortvorteil Tschechiens zusammen.

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