: „Die Reichen kennen keinen Hunger“
■ Fidel Castro klagt unverbindliche Erklärung des Welternährungsgipfels an
Rom (dpa) – „Gemeinsam können wir die Geißel des Hungers besiegen“, rief der Chef der UN- Landwirtschaftsorganisation (FAO), Jacques Diouf gestern zum Abschluß der Welternährungskonferenz in Rom. Er forderte, über den beschlossenen Aktionsplan hinauszugehen und in 20 Jahren die Zahl der Hungernden nicht nur zu halbieren, so wie es im Abschlußdokument steht. Zur Zeit haben weltweit 840 Millionen Menschen nicht genug zu essen. „Wir haben das Wissen und die Ressourcen zum Kampf gegen den Hunger. Der Aktionsplan zeigt, daß wir auch den politischen Willen dazu haben“, sagte Diouf zum Abschluß der fünftägigen Konferenz. Doch tatsächlich ist das Dokument nur eine unverbindliche Absichtserklärung geblieben.
Kubas Staatschef Fidel Castro hatte dem Gipfel am Samstag eine „beschämende Bescheidenheit“ und Blindheit gegenüber dem „täglichen Massenmord“ durch Unterernährung vorgeworfen. Castro, der von der Konferenz großen Beifall erhielt, kritisierte die Vorschläge des Gipfels als nur „kosmetische“ Lösungen. „Unfälle oder Naturkatastrophen, bei denen Hunderte oder Tausende von Menschen sterben, bewegen die Welt. Aber warum zeigt die Welt nicht dieselbe Regung angesichts des Massenmordes, der sich täglich vor unseren Augen abspielt?“, fragte Castro. Jeden Tag stürben 35.000 Menschen, die Hälfte davon Kinder, als Folge von Unterernährung.
Der 70jährige Castro, dessen Land seit Jahrzehnten unter Wirtschaftssanktionen der USA leidet, sprach von „krimineller Politik und absurden Blockaden“. Kapitalismus, Neoliberalismus und die Gesetze eines „wilden Marktes“ wirkten tödlich. „Die Reichen kennen keinen Hunger“, rief Castro. Zugleich verurteilte er die massiven Ausgaben für Waffen auch nach Ende des Kalten Krieges. Am Dienstag wird der kubanische Staatschef im Vatikan von Papst Johannes Paul II. empfangen – eine Premiere.
Rund 1.200 Bauern- und Entwicklungshilfegruppen warfen dem Gipfel vor, nur freiwillige Absichtserklärungen formuliert zu haben. „Eine historische Chance ist vertan worden“, sagte in Bonn ein Vertreter der Deutschen Welthungerhilfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen