piwik no script img

Das PortraitRumäniens neuer Staatspräsident

■ Emil Constantinescu

Gestern wurde er vereidigt, der neue Staatspräsident Rumäniens. Millionen erblicken in dem 57jährigen Politiker einen Hoffnungsträger, der endlich auch in Rumänien demokratische Normalität schaffen wird.

Emil Constantinescu, Kandidat des konservativen Bündnisses Demokratische Konvention (CDR), besiegte vor 14 Tagen in einer Stichwahl um das Präsidentenamt den Ceausescu-Nachfolger Ion Iliescu. Als er 1992 zum ersten Mal gegen Iliescu antrat, war der damalige Rektor und Geologieprofessor der Bukarester Universität bestenfalls seinen Studenten ein Begriff. Im Frühjahr 1990 hatte er den Teilnehmern der legendären Marathon-Kundgebung auf dem Bukarester Universitätsplatz erlaubt, den Balkon in eine Rednertribüne umzufunktionieren. Die von Iliescu herbeigerufenen Bergarbeiter prügelten die Demonstranten auseinander und beendeten rücksichtslos das friedliche Polit- Happening.

Constantinescu wurde am 19. November 1939 in Tighina geboren, das heute in der Republik Moldawien liegt, damals aber zu Großrumänien gehörte. In der Opposition machte er sich als Gründungsmitglied mehrerer Bürgerrechtsgruppen und religiöser Antikommunist einen Namen. Fehlendes Charisma hat Constantinescu in den vergangenen Monaten vor allem durch das Image eines treu-rumänischen, fromm- christlichen und bescheidenen Mannes wettzumachen versucht. So wird er als Präsident nicht im prunkvollen Cotroceni-Palast wohnen, sondern in einem einfachen Apartment. Als Ex-KP-Mitglied gilt der Präsident auch als Integrationsfigur für die knapp vier Millionen einfachen früheren KP-Mitglieder Rumäniens.

Gewählt wurde er vor allem, um die wirtschaftliche Misere und Verelendung breiter Schichten der Bevölkerung zu überwinden. Die enttäuschten Rumänen erblickten in Constantinescu, dem Chef der „Christlich- Demokratischen Nationalen Bauernpartei“, die einzige Alternative.

Populistisch prophezeite er ein Ende der Korruption und eine neue Landverteilung, Steuererleichterungen und günstige Kredite für die Bauern, eine umfassende Privatisierung maroder Staatsbetriebe und die Modernisierung der heruntergekommenen Dörfer. Vollmundige Versprechen, auf deren Verwirklichung nicht wenige Rumänen inständig, aber ungläubig hoffen. William Totok

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen