Kinderschreck, Mausekönig, Mönch

■ Nußknacker aus vier Jahrhunderten sind im Celler Bomann-Museum zu sehen

Celle. Mit Bismarcks Kopf eine harte Nuß knacken, wer hätte daran nicht seinen Spaß. Dazu bedarf es heutzutage allerdings eines kunstvoll geschnitzten Nußknackers, der zur Zeit in der Ausstellung „Hansen heiß ich, Nüsse beiß ich ...“ im Celler Bomann-Museum zu sehen ist. Das Ehepaar Hans-Jürgen und Ortrud Gillissen zeigt bis zum 5. Januar 1997 rund 300 seiner 1.280 in aller Welt gesammelten Nußknacker, Nußdreher und Nußzangen.

Die Sammlung ist bunt und grotesk: Da wartet ein aus Dänemark stammender Wadenbeißer mit süffisantem Gebiß auf sein Opfer, während daneben ein 120 Jahre alte Werwolf aus England das Maul aufsperrt und ein im Jahre 1690 filigran geschnitzter Türke die Nüsse mit dem blankgezogenen Allerwertesten knackt.

„Ursprünglich wurden Nußknacker im 16. Jahrhundert als Kinderschreckfiguren hergestellt“, erzählt Kathrin Panne, Volkskundlerin des Celler Museums. In der Rhön und in den Alpen nahmen die Schnitzer gerne Tiere wie Elefanten, Wildschweine, Hunde und Eichhörnchen, aber auch den einfachen Bauern oder Mönch als Vorbild.

Die Erzgebirgler und Thüringer hingegen bevorzugten die Nachbildung von Obrigkeiten. Mit ihrer Arbeit konnten die meist armen Kunsthandwerker Aggressionen gegen die Herrschenden loswerden. „Dem Polizisten, Soldaten oder gar König endlich mal eine harte Nuß zu knacken geben, das mußte befreien“, meint Volkskundlerin Kathrin Panne.

Gruselige Züge haben noch viele dieser meist aus Mittelgebirgen stammenden Wesen. Die Popularität des Kindermärchens von E.T.A. Hoffmann, „Nußknacker und Mausekönig“, und auch Peter Tschaikowskys „Nußknacker-Suite“ veränderten jedoch im 19. Jahrhundert das Nußknacker-Image. Der Absatz stieg enorm.

Bis 1989 war der Nußknacker ein wichtiger Exportartikel der ehemaligen DDR, der im Lande selbst aber nur in sogenannten Kellerwerkstätten zu kaufen war.

Die heute erhältliche knallbunte Massenware aus dem Fernen Osten verblaßt inzwischen zwangsläufig neben den zierlichen Jugendstilgebilden einer Wiener Werkstatt, wie sie im Celler Museum zu sehen sind.

Karin Ridegh-Hamburg/ dpa