: Natürlich ohne Betriebsrat
Lieber macht der Inhaber des Naturholzmöbelgeschäfts WohnNatur die Freiburger Filiale dicht, als dort einen Betriebsrat zu dulden ■ Aus Freiburg Carola Schmitz
Nach einem Jahr Streit zwischen Geschäftsleitung und neugegründetem Betriebsrat schließt das Freiburger Naturholzmöbelgeschäft „WohnNatur“ (ehemals „Möbelum“) seine Tore. Aus wirtschaftlichen Gründen, sagt die Geschäftsleitung.
Doch für den Betriebsrat, seine Anwälte und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) ist dies nur ein vorgeschobenes Argument. Sie sehen hinter den heftigen Auseinandersetzungen um den Betriebsrat und der zum Jahresende angekündigten Schließung von WohnNatur eine gezielte Strategie der Geschäftsleitung beziehungsweise des Gesellschafters, den Betriebsrat loszuwerden. Der wurde vor einem Jahr erstmals gewählt – doch schon im Vorfeld der Wahl machte der Firmeninhaber seinen Widerstand gegen das Gremium deutlich.
Damals hieß das Geschäft im Freiburger Industriegebiet Haid noch Möbelum („Möbel und mehr“) und war mit 30 MitarbeiterInnen und einer Ausstellungs- und Verkaufshalle von rund 1.850 Quadratmetern die zweitgrößte von zehn Filialen im Bundesgebiet.
Hauptsitz und Hauptlager der Firma mit dem Massivholzmöbelangebot sind in Rottendorf bei Würzburg konzentriert. Von dort aus regiert auch der Gründer und Gesellschafter von Möbelum, Heinrich Feldhaus – mit harter Hand. So etwa im Herbst 1994, als drei Mitarbeiter der Freiburger Filiale ihren Chef vertrauensvoll über die geplante Betriebsratsgründung informierten. Prompt wurde ihnen mit Kündigungen und Abfindungsangeboten geantwortet. Mit Erfolg: Die Mitarbeiter gingen.
Ein Jahr später nehmen sechs Mitarbeiter den zweiten Anlauf zur Betreibsratsgründung. Nachdem dies durch ein Versehen bekannt wird, erhalten auch sie ihre Kündigungen und zudem Hausverbot. Diesmal allerdings erfolglos: Alle Kündigungen müssen zurückgenommen werden.
Feldhaus hatte vor beiden Kündigungswellen die Freiburger Filiale besucht, Einzelgespräche mit den Mitarbeitern geführt. Für ihn, der nach den ersten drei Kündigungen zwei Vertrauensleute als Ansprechpartner für die Belegschaft bestimmt hat, paßte die Gründung eines mitspracheberechtigten Betriebsrats offensichtlich nicht in sein Konzept.
Ende 1995 wird die neue Firma WohnNatur gegründet. Die Ausgliederung aus dem Filialenverbund Möbelum soll einen Schlußstrich unter die ganze Sache ziehen, so die Überlegung von Mehrfachgesellschafter Feldhaus. Doch er kann nicht verhindern, daß am 30. November 1995 der erste Betriebsrat bei Möbelum gewählt wird. Schon einen Tag später wird dieser vom neugegründeten Unternehmenszweig WohnNatur übernommen. In den selben Räumen wird lediglich ein reduziertes, ansonsten aber mit Möbelum identisches Sortiment an Massivholzmöbeln und Zubehör angeboten.
Auch der Zwist geht weiter. Ein regelrechter Machtkampf zwischen der neuen WohnNatur-Chefin Vollmer und dem Betriebsrat wird ausgefochten, dessen Mitglieder sich in ihrer Tätigkeit zunehmend gestört oder vielmehr behindert sehen: Freistellungen für Seminare und Veranstaltungen werden beispielsweise entweder nicht genehmigt oder nicht vergütet, Termine zur Einsicht in Betriebsunterlagen werden von der Geschäftsleitung nur außerhalb der regulären Arbeitszeit angeboten. Beim Freiburger Arbeitsgericht stapeln sich längst die Akten zu den einzelnen Beschluß- und Kündigungsverfahren.
Selbst die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen im Fall WohnNatur, nachdem Mitglieder der Arbeitnehmervertretung ein verstecktes Aufnahmegerät entdeckten, mit dem offensichtlich Gespräche in den Büroräumen der MitarbeiterInnen aufgezeichnet wurden. Zwar bestreitet die Geschäftsleitung, daß jemals Telefongespräche mitgehört wurden. Für den Versuch, dem Betriebsratsvorsitzenden einen außerordentlichen Kündigungsgrund nachzuweisen, wurde aber sogar ein Detektivbüro beauftragt: Laut der Geschäftsleitung habe er Anfahrten zur Arbeit falsch deklariert.
Daß mit der Stillegung der einstigen Möbelum-Filiale und Kündigung aller 15 MitarbeiterInnen nun auf das letzte Mittel zurückgegriffen wird, um den Betriebsrat loszuwerden, ist für den Betriebsrat und seine Rechtsberater eindeutig. Während die Geschäftsführung jeden Zusammenhang bestreitet und den zu geringen Umsatz der Firma als einzigen Grund für die Schließung nennt (noch wartet der Betriebsrat auf eindeutige Zahlen und Belege dafür), hüllt sich Feldhaus in Schweigen.
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