: PDS-Blockade ist Regierungsgarantie für die CDU
■ betr.: „Ost-Grüne gegen PDS- Bündnis“ von Dorothee Winden, taz vom 7./8.12. 96
Mit einiger Verärgerung habe ich euren Artikel gelesen. Ich bin ein Ost-Grüner, Mitglied der BVV-Fraktion Weißensee und habe wie der große Teil unserer Fraktion und Bezirksgruppe eine andere Position zum Thema PDS. [...]
Für unsere Arbeit in der BVV Weißensee kann ich sagen, daß eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der PDS besteht. Gemeinsam gehen wir gegen eine Beton-SPD und CDU an, die den Bezirk regieren. Auch außerparlamentarisch arbeiten wir, wie zum Beispiel bei der Initiierung der lokalen Agenda 21 in Weißensee, eng zusammen. Die Meinung, daß bei einer Zusammenarbeit auf Landesebene die Bezirksgruppen im Ostteil geschwächt werden, teile ich auch nicht. Gerade wenn diese Debatte nicht geführt wird und eine Zusammenarbeit nicht entsteht, befürchte ich, daß den Grünen im Osten massiv die Wähler fortlaufen. Bei den WählerInnen, die im Westteil überproportional Grün wählen, den jungen Leuten, ist die Position der Ausgrenzung kaum vermittelbar, und dementsprechend wählen sie PDS.
Wenn Marianne Birthler behauptet, die PDS-Debatte „ist vor allem vom Westberliner Bündnisgrünen losgetreten“ und jetzt „absolut überflüssig“, so entspricht das nicht der Wahrheit. Wann soll denn diese Debatte geführt werden? Vielleicht in den letzten Monaten vor der Wahl? Es ist doch völlig realitätsblind, wenn man glaubt, bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl in Berlin eine rot- grüne Mehrheit zustande zu bringen und damit die Große Koalition abzulösen. Wahlarithmetisch ist völlig klar, daß SPD und Bündnisgrüne in Berlin auf absehbare Zeit keine Mehrheit zustande bringen werden. Selbst wenn beide politisch zueinander wollen, sie kämen ohne einen weiteren Partner nicht weit. Die Hoffnung, die PDS würde sich im Osten in Luft auflösen, geht nicht auf. Wenn wir in dieser Frage blockiert bleiben, ist dies eine immerwährende Regierungsgarantie für die CDU.
Ich denke, wir Bündnisgrünen brauchen bei der Debatte nicht in aufgeregte Hektik verfallen, aber wir müssen uns klar darüber werden, was uns die Ablösung der Großen Koalition wert ist. Holger Henze
P.S. Damit ich nicht in den Schubkasten der „geistigen Nähe mit der PDS“ gesteckt werde. Ich komme aus der Umwelt- und Bürgerrechtsbewegung der ehemaligen DDR. Bis zur Wende bin ich bei der Stasi als Operativer Vorgang geführt worden, das heißt faktisches Berufsverbot, Totalüberwachung.
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