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Siemensboykott zu Silvester

■ Gegen die Beteiligung des Konzerns am Bau des slowakischen AKWs Mochovce demonstrierten 400 UmweltschützerInnen vor der Firmenniederlassung in Spandau

Weil Siemens weiter Atomkraftwerke baut, forderten am letzten Tag des Jahres 1996 rund 400 jugendliche Umweltaktivisten zum Boykott von Siemensprodukten auf. Eine überdimensionale Waschmaschine präsentierten die GegnerInnen von Atomkraftwerken vor der Firmenniederlassung in Spandau. Die Schleuder stand als Beispiel für Waren, auf die die Bevölkerung verzichten solle, um den Energieverbrauch einzudämmen. Der Protest richtete sich vor allem gegen die Beteiligung von Siemens am Bau des Atomkraftwerks Mochovce in der Slowakei. Die Demonstranten forderten, den Reaktor gar nicht erst zu bauen und ihn nicht ans Netz zu lassen.

„Mochovce – das nächste Tschernobyl“ hatten die DemonstrantInnen auf eines ihrer Transparente geschrieben. Eine Sprecherin der Siemens-Boykottkampagne kritisierte während der Kundgebung, daß der Reaktor mit veralteter russischer Technik gebaut und anschließend nur notdürftig mit westlicher Sicherheitstechnik aufgerüstet werde. Diesen Part übernimmt Siemens. Beim Mecklenburg-Vorpommerschen Greifswald sei ein vergleichbares AKW vom Typ WWER kurz nach der Wende aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden, sagte die Sprecherin. Doch auch mit westlicher „High-Tech“ seien Krebsfälle wie im Umkreis des Kraftwerks Krümmel in Schleswig-Holstein nicht auszuschließen.

Bereits am vergangenen Montag hatten in derselben Angelegenheit 20 atomkritische Weihnachtsmänner das Berliner Büro der Kreditanstalt für Wiederaufbau besucht. Die bundeseigene Kreditanstalt stellte unlängst einen Kredit von 150 Millionen Mark zu Verfügung, um unter anderem die Siemensaktivitäten in Mochovce zu finanzieren.

In Zusammenarbeit mit der französischen Firma Framatom soll der deutsche Konzern Technik zur Überwachung und Steuerung des Kraftwerkes sowie für den Strahlen- und Brandschutz liefern. Der Siemensbereich Energieerzeugung, der Atomkraftwerke herstellt und ausrüstet, betreibt auch eine Produktionsstätte in der Huttenstraße in Moabit. Das Geschäft gilt als Einstieg in die Modernisierung von rund 70 Atomkraftwerken des Typs WWER, die überall in Osteuropa Energie herstellen.

Nicht nur deutsche Umweltschützer, auch Minister der österreichischen Regierung kritisieren den Weiterbau des AKWs in der Slowakei. Trotz Nachrüstung werde kein westlicher Sicherheitsstandard erreicht, erklärte der Wiener Umweltminister Martin Bartenstein. Auf Betreiben der österreichischen Regierung war ein Kredit der Osteuropabank zur Vollendung der seit 1990 stillgelegten Baustelle gesperrt worden.

In Mochovce sind vier Reaktoren mit einer Leistung von jeweils 440 Megawatt geplant. Die beiden ersten stehen seit 1990 im Rohbau, weil die slowakische Regierung die geschätzten 1,3 Milliarden Mark für die Fertigstellung nicht aufbringen konnte. Block eins soll im Juni 1998, Block zwei im März 1999 in Betrieb gehen. Hannes Koch

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