: Wissmann rudert zurück
■ Ende des Transrapid wäre kein politischer Erfolg
Der Transrapid schwebt seinem Ende entgegen. Zwar hielt Verkehrsminister Wissmann gestern die neueste Wirtschaftsprognose weiter unter Verschluß. Erst im März oder April sei die Auswertung abgeschlossen, hieß es. Doch die Zahlen, die er nannte, sind deutlich genug. Und auch der Ton des Ministers signalisiert den Rückzug. Jetzt kommt es ihm darauf an, einen möglichst guten Eindruck zu machen. Die Bürger sollen ihn als Vertreter wirtschaftlicher Rationalität in Erinnerung behalten. Doch damit ist er ein wenig zu spät dran: Unsummen von Steuergeldern sind bereits an das Projekt verpulvert worden. Allein die Forschungsstrecke im Emsland kostete zwei Milliarden Mark. Und mehrere Gesetze wurden ausschließlich für das Projekt verabschiedet.
Der Impuls zum Ausstieg kommt aus der Industrie. Noch vor vier Jahren hatte sie mit der Schaffung von 250.000 Arbeitsplätzen gelockt und immer wieder das Risiko für das Milliardenprojekt auf den Bund abgeschoben. Doch inzwischen tritt die Wirtschaft den Rückzug an. Vor kurzem wurde bekannt, daß die Transrapid-Unternehmen schon Jahre vor der Inbetriebnahme des Stelzenexpreß eine deutliche Ausdünnung des Fahrplans diskutieren. Denn klar ist: Verdienen kann die Industrie nur am Bau der Strecke, die der Bund finanzieren soll. Der Fahrbetrieb später aber wird ein Zuschußgeschäft.
Genau wie einst bei der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf hat die Industrie deutlich weniger ideologische Probleme als die Politik, das einmal als unverzichtbar definierte Projekt fallen zu lassen. Die Latte, an der die Wirtschaftskapitäne derlei Unternehmungen messen, ist die Gewinnaussicht. Solange die Politik ihnen das Risiko abnimmt, sind ihnen Markt und Bedarf schnuppe.
Doch sowohl bei der Wiederaufarbeitungsanlage als auch beim Transrapid geht es nicht nur um lukrative Bauaufträge, sondern auch um den späteren Betrieb. Und wenn sich der nicht rechnet, weil es billigere Möglichkeiten gibt oder sich nicht genug KundInnen für das Angebot interessieren, dann lassen die Manager das Projekt eben fallen. Die Regierung in Bonn trottelt hinterher – und versucht das Ganze als ihre Entscheidung zu verkaufen. Annette Jensen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen