: Ein Thema: Sex
■ Kampnagel: Nigel Charnock spielt in „Hell Bent“ die schwule Verzweiflung
Ein schmucker Levis-Boy, von Gott, der Welt und seinem Geliebten verlassen, verwandelt sich in eine Sex-Gospels singende Plüsch-und-Glamour-Tunte, diese sich wiederum in den gemeinen „Verzweifelten Schwulen“, der in diesem Fall spricht, als sei sein Kehlkopf eine Klapperrassel, um nur wenige Minuten später als lüsterner Heiland ein Holzkreuz zu ficken. Nigel Charnock erzählt in Hell Bent in diesen und diversen anderen Verkleidungen eine Geschichte über Einsamkeit, die tatsächlich eine Geschichte alleine über Sex ist.
Zwischen Musical-Parodien, schwuler Liebestragödie voll grollender Enttäuschung und aufgeblasenen Ersatzgefühlen und Ausflügen ins Publikum läßt Charnock keine Gelegenheit aus, sich wortreich und geschwindigkeitssüchtig über den Verkehr auszulassen. Von Wortspielen über „das Kommen“ über analphilosophische Stakkato-Rhetorik mit dem banalen Resümee, daß es auch in der Politik und der Wirtschaft nur um Sex geht, bis hin zu Popsongweisheiten reicht sein wild durcheinandergeworfenes Repertoire an Variationen über ein Thema.
Ein Ebenbild mit Ken-Perücke aus Plastik wird, nachdem an ihm einige Beispiele hypererregter Small-Talk-Verlegenheit durchgekaspert wurden, schließlich verführt, aber dies ist, wie alles andere auch, nur Ersatz-Befriedigung für die Predigt von der wahren, großen, echten Liebe, die aber auch wieder nur im Sex-Kanal existiert. Das besitzt zwar alles gelegentlich Komik, aber hin und zurück ergibt es doch nicht mehr als Otto-Albernheiten aus der schwulen Perspektive in Warp 8. Till Briegleb
Noch bis 25.3.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen