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„Das ist recht unglücklich gelaufen“

■ Arbeitsamt zahlte Türken erst zuwenig, dann gar nichts mehr

Ausländische Arbeitnehmer haben dieselben Ansprüche auf Arbeitslosengeld wie deutsche, weil sie auch dieselben Abgaben zahlen. Davon ging jedenfalls Moammer Bilge aus, als er im August 1993 seinen Job verlor. Einundzwanzig Jahre hatte der heute 45jährige bei Mercedes Benz in Harburg als Dreher gearbeitet und sich schließlich auch im Betriebsrat engagiert.

Doch der Vater von zwei Kindern sollte enttäuscht werden. Zunächst nur ein bißchen. Bei seinem ersten Bescheid fürs Arbeitslosengeld – auf das er 22 Monate Anspruch hat – rechnete er nach und stellte fest, daß über 200 Mark fehlten. Er strengte einen Prozeß vor dem Hamburger Sozialgericht an, der sich 13 Monate hinzog. Im November –94 schließlich bekam er recht. Das Arbeitsamt, so urteilten die Richter, müßte Moammer Bilge den fehlenden Betrag nachzahlen und künftig mehr überweisen.

Eine Kunde, die den Verwaltungsapparat beträchtlich in Verwirrung gestürzt haben muß, denn ab Januar 1995 bekam Bilge gar nichts mehr. Er sprach beim örtlichen Harburger Arbeitsamt vor und wurde vom zuständigen Sachbearbeiter vertröstet: Das Geld werde schon kommen. Im Februar wars immer noch nicht da. Bilge sprach wieder vor, die Zeremonie wiederholte sich. Diesen Montag schließlich fragte er sich bis zum zuständigen Abteilungsleiter vor, der abermals versprach, das Geld, auch die immer noch fehlende Nachzahlung, würde überwiesen. „Ich verlangte eine Entschuldigung vom Amt“, sagt Moammer Bilge zur taz. „Und daß sie mir die Zinsen zahlen.“ Denn inzwischen hat er sich Geld von der Bank und von ehemaligen Kollegen leihen müssen, um seine Familie zu ernähren.

„In dem Fall ist alles recht unglücklich gelaufen“, räumte Bernd Busch von der Pressestelle des Arbeitsamts gestern ein. Im Laufe der nächsten Woche werde Bilge das Geld erhalten. Damit der Zahlungsvorgang garantiert klappt, werde der zuständige Abteilungsleiter täglich in die EDV-Anlage gucken. Zinsen zahlt das Amt grundsätzlich nicht. Kaija Kutter

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