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Gerade noch mal davongekommen

■ Bulgarische Boulevardzeitung schockt ihre Leser mit deutschen Nachrichten, die sie im Internet gefunden hat

„Unsere Gewürze könnten die Menschheit vergiften“: Unter dieser Schlagzeile hat die Tageszeitung Trud („Arbeit“) am 16. Oktober 1996 in Sofia berichtet, was sie in der Online-Ausgabe der taz gefunden hatte. Die Enthüllung ist uns leider erst jetzt bekannt geworden, aber für die Wahrheit ist es nie zu spät. Wir zitieren:

„Einen bulgarischen gemischten Salat ,à la Metallurg‘ hat ein überraschter Deutscher im weltweiten Computernetz Internet entdeckt. Der verblüffte Journalist Ulrich Biksenschuz hat in der tageszeitung nicht nur die Zubereitung der Speise beschrieben, sondern auch den Urheber des tödlichen Salates herausgefunden.

Der Deutsche stieß auf den Fund, als er in den angebotenen bulgarischen Kochrezepten herumstöberte. Die erste Überraschung erlebte er, als er las, daß für den fraglichen Salat die schärfsten Peperoni besorgt werden müßten.

Der Atem des Journalisten stockte, als er zu der Anweisung gelangte, daß neben den anderen Zutaten auch 203 Zehen Knoblauch zerkleinert werden sollten. Biksenschuz gelobte sich, den Bulgaren aufzuspüren, der die Menschheit mit so viel Knoblauch vergiften wollte.

Es zeigte sich, daß die Idee von einem unserer Doktoren der Metallurgie stammte, der an einer Tokioter Universität lehrt. Der Zorn des Deutschen legte sich allmählich, als er verstand, daß der Wissenschaftler überhaupt keine üblen Absichten hegte. Bevor er sich in das ferne Japan aufmachte, habe er in einem trostlosen Block im Sofioter Bezirk ,Mladost‘ (Jugend) gelebt. Als die Preise für Gemüse schwindelerregend in die Höhe stiegen, sei er von seinem Gehalt enttäuscht gewesen, mit dem er sich nicht mehr die Zutaten zu seinem Lieblingssalat leisten konnte.

Biksenschuz dankte im Geiste dem Bulgaren, daß er dem Internet eine neue Seite geschenkt hat, bereitete den Salat aber nur mit drei Knoblauchzehen zu.“

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